Essen. . Von Chancengleichheit kann keine Rede mehr sein, wenn speziell im Ü3-Bereich so viele Kita-Plätze fehlen. Die Stadt sollte nun schnell handeln.
Das Kita-Anmeldeportal „Little Bird“ laufe wieder störungsfrei, vermeldete die Stadt Essen zuletzt. Die Wahrheit ist: Die Kita-Platzvergabe in dieser Stadt ist eine Katastrophe, immer noch. Da berichten Kita-Leiterinnen von Bar-Schecks, die Eltern ihnen in einer letzten Verzweiflungstat zuschieben wollen. Von Vätern, die plötzlich vor Einrichtungen auftauchen und Erzieherinnen wüst beschimpfen, weil sie keine Zusage bekommen. Von Telefonen, die im Minutentakt bimmeln und einen normalen Arbeitsalltag in vielen Kindertagesstätten gerade unmöglich machen.
„Ein Platz in der Wunsch-Kita mit den gewünschten Betreuungsstunden ist fast genauso ein Glücksfall wie ein Sechser im Lotto“, sagt eine Leiterin. Wer sich bei Essener Müttern und Vätern umhört, kann ihr nur zustimmen. Seit Wochen und Monaten rennen die Eltern von einer Einrichtung zur nächsten, um sich und ihr Kind vorzustellen. Bringen nicht selten einen Kuchen oder sonstige Streicheleinheiten mit, um bloß einen bleibenden guten Eindruck zu hinterlassen.
Viele Eltern hinterfragen das Vergabe-System
Spätestens seit Beginn der Kitaplatzvergabe Anfang März ist die Nervosität unter Essener Eltern überall spürbar: auf Spielplätzen, in Elterncafés, bei Kursen.
Viele, die leer ausgehen, fragen sich, was sie falsch gemacht haben. Hinterfragen das System, nach dem die Kitas ihre Plätze vergeben und fühlen sich ungerecht behandelt. Etwa, weil sie mehr arbeiten als andere, die eine Zusage bekommen haben.
Gestraft sind am Ende die Kinder: Denn speziell im Ü3-Bereich kann von Chancengleichheit keine Rede mehr sein, wenn so viele Mädchen und Jungen unter unterschiedlichen Bedingungen aufwachsen. Wie wichtig frühkindliche Bildung und die Sozialisierung mit Gleichaltrigen und älteren Kindern ist, ist schließlich lange bekannt.
Ähnlich wie an den Schulen muss die Stadt auch bei der Schaffung von Kita-Plätzen eine Task-Force einrichten und endlich die Suppe auslöffeln, die sie sich in den vergangenen Jahren durch ihre Fehlplanung selbst eingebrockt hat. Die von der Stadt geplante Veranstaltung im Mai kommt viel zu spät.
Dabei steht nicht nur Essen in der Pflicht: Ohne Unterstützung durch das Land wird es nicht gehen. Das vom Landtag eingeführte, zweite beitragsfreie Kita-Jahr ist für die entlasteten Eltern schön. Viel sinnvoller aber wäre es doch, das Geld in den Kita-Ausbau zu stecken. Der scheitert zunehmend am fehlenden Personal. Werden pädagogische Fachkräfte in diesem Bereich endlich besser bezahlt, könnte sich das ändern.