Essen. . Die Sparkasse Essen lockert den Dresscode: Die Krawattenpflicht kippt, ordentliche Jeans sind erlaubt. Tattoos, Piercing, Flipflops bleiben tabu.
Die Sparkasse Essen hat ein neues Zeitalter eingeläutet: Die Krawattenpflicht ist abgeschafft, die Kleiderordnung gelockert. Während sich die Vorstandschefs einiger großer Konzerne schon länger vom Schlips verabschiedet haben, hält das Bankengewerbe eher an traditionellen Kleidungsvorschriften fest. So gesehen, darf sich die Sparkasse in Essen nun als Vorreiter fühlen: Bei der Bilanz-Pressekonferenz präsentierte sich der Vorstand dieser Tage geschlossen krawattenlos.
Und auch in der Filiale an der Ecke kann man jetzt lässiger gekleidete Angestellte antreffen. „Die neue Regelung gilt für alle Mitarbeiter“, betont Sparkassen-Sprecher Volker Schleede. Im Jahr 2017 habe das Kreditinstitut zunächst testweise den „Casual Friday“ eingeführt, der am Tag vor dem Wochenende weniger formelle Kleidung erlaubt. „Jetzt haben wir diesen Dresscode auf Montag bis Freitag ausgedehnt, zunächst testweise für ein Jahr“, sagt Schleede. Damit entspricht das Unternehmen offenbar auch einem weit verbreiteten Wunsch in der 1352-köpfigen Belegschaft: „Viele von Ihnen haben sich eine neue, gelockerte Kleiderordnung in unserer Sparkasse gewünscht“, heißt es in einer Broschüre, die den neuen Dresscode vorstellt.
Herren können demnach nicht nur die Krawatte weglassen, sondern alternativ zum Anzug auch Sakko-Hose-Kombinationen wählen. Hochwertige Jeans und Stoffhosen wie Chinos sind für beide Geschlechter erlaubt. Die Damen dürfen halboffene Schuhe wie Sandaletten tragen und auf Strumpfhosen verzichten, Herren dürfen die Ärmel ihrer Hemden hochkrempeln.
Freizeitkleidung ist dagegen weiterhin verpönt: Löchrige Jeans, Flipflops, Spaghetti-Träger, kurze Hosen, sichtbare Tattoos, Piercings und „viele Ohrlöcher“ sind tabu. Gleiches gilt für starkes Make-up, auffällige Fingernägel, Turn- oder Hausschuhe und „Kopfbedeckungen jeglicher Art“. Frauen werden ermahnt, keine zu kurzen Röcke zu wählen. Gepflegtes Schuhwerk ist Pflicht. Es gehe darum, „Glaubwürdigkeit, Zuverlässigkeit und Kompetenz“ auszustrahlen: „Gut gekleidete Menschen werden positiver beurteilt als andere“, heißt es in der Broschüre. Gleichzeitig könne ein zu formeller Kleidungsstil als „abgrenzend und antiquiert“ empfunden werden.
„Ohne Krawatte habe ich mich fast etwas nackt gefühlt“
Und so räumt der neue „Business Casual“-Look den Mitarbeitern mehr Freiheiten ein, verlangt ihnen aber auch ab, ihre „Kleidung mit Bedacht“ auszusuchen. Während man es im Berufsalltag lockerer angehen könne, empfehle sich für offizielle Veranstaltungen oder Termine mit Firmenkunden weiter ein förmliches Outfit, sagt Schleede. Er selbst habe immer ein paar Krawatten griffbereit. „Ohne habe ich mich anfangs fast ein bisschen nackt gefühlt“, verrät der 53-Jährige. Schließlich sei er mehr als 30 Jahre lang täglich mit Schlips und Kragen erschienen. Inzwischen hat sich Schleede an die neue Lässigkeit gewöhnt: „Aber natürlich darf jeder Kollege auch an den bisherigen Standards festhalten.“ Negative Kundenreaktionen habe es übrigens noch keine gegeben – sonst wäre der Testlauf wohl auch schnell beendet, mutmaßt Schleede.
Andere Banken halten an der Krawattenpflicht fest
In anderen Banken in Essen hält man übrigens noch an der Krawatte fest. Bei der National-Bank herrscht Krawatten-Pflicht – zumindest in den Bereichen, wo Mitarbeiter mit Kunden in Kontakt kommen. Das heißt, am Schalter in der Zentrale und in den Geschäftsstellen ist „die Krawatte weiterhin erwünscht“, so der Sprecher der Bank. Bei Außenterminen sollen sich die Mitarbeiter den Gepflogenheiten der Kunden anpassen.
Ähnlich hält es die Geno Bank. Auch dort schreibt der „Dresscode“ vor, dass Mitarbeiter mit Kundenkontakt Krawatte und Anzug tragen. Auch der Vorstand folge diesem Dresscode. Ausnahmen gibt es auch nicht in heißen Sommermonaten, denn das sei kein Problem, „da alle Räume der Geno Bank mit Klimaanlagen ausgestattet sind“, erklärte die Sprecherin.
Bei der Deutschen Bank hat man zum Tragen der Krawatte eine eher verklausulierte Regelung. „Bei der Deutschen Bank gibt es keine Kleiderordnung. Wir vertrauen darauf, dass sich unsere Mitarbeiter so kleiden, wie es ihre Kunden von ihnen erwarten“, so ein Sprecher der Bank. Damit habe man gute Erfahrungen gemacht.