Essen. . Adries und Weis Rahim haben auf Essens Einkaufsmeile einen neuen Backshop eröffnet. Wie sich jedoch gerade das Umfeld entwickelt, besorgt sie.

Die Brüder Adries und Weis Rahim sind neu in der Stadt. Und nach nur zwei Monaten auch schon wieder etwas ernüchtert. Anfang Dezember haben die beiden Brüder den „Back Coffee“-Shop in der Limbecker Straße eröffnet – neben der Kettwiger Straße eine Premiumlage in der Innenstadt. „Wir fanden, dass es zwischen Kennedyplatz und dem Einkaufszentrum eine Versorgungslücke gibt. Deshalb haben wir uns für den Standort hier entschieden“, sagt Adries Rahim. In Gelsenkirchen-Buer bieten die beiden Brüder aus Paderborn das moderne Cafeteria-Backshop-Konzept schon seit fünf Jahren an.

Wo es bei ihnen jetzt belegte Brötchen, Pizza oder Waffeln gibt, hingen früher Blusen, Jacken, Hosen. Vormieter in dem Laden waren die Ketten Vero Moda und Jack & Jones. Adries und Weis Rahim investierten eine hohe sechsstellige Summe in ihren neuen Laden, dessen Eigentümer eine Privatbank aus dem Rheinland ist.

Mehrere Leerstände im Umfeld

Nur zwei Türen weiter: Leerstand auf der Limbecker Straße.
Nur zwei Türen weiter: Leerstand auf der Limbecker Straße. © Socrates Tassos

Im Dezember war die Innenstadt an vielen Tagen voll, fast schon überlaufen. Jetzt im Januar ist „die Straße aber eher unterlaufen“, sagt Weis Rahin. Vielleicht liegt das nur am nassen, kalten Wetter. Was die beiden Brüder dagegen mehr besorgt, als ein schwacher Jahresstart, ist das Umfeld generell: Als sie im Mai 2018 den Mietvertrag unterschrieben, gab es noch keine heruntergelassenen Jalousien nur zwei Ladentüren weiter. Mittlerweile aber ist der Schuhladen dort raus, auch die Modeketten Benetton und Desigual gleich nebenan haben sich verabschiedet. Die Läden stehen leer oder haben vorübergehend Billiganbietern Platz gemacht. Ein Stück die Straße weiter oben hat auch Dunkin Donut die Limbecker verlassen. Der italienisch klingende Schuh-Händler daneben verkündigt ebenfalls schon die Schließung im Schaufenster. Und im ehemaligen Sportscheck am Eingang der Straße tut sich schon seit zwei Jahren nichts. Rutscht die Qualität auf der Einkaufsstraße wieder ab, nachdem vor einigen Jahren gerade Namen wie Benetton oder Desigual für eine Aufwertung gesorgt haben?

Adries und Weis Rahim hoffen das natürlich nicht. Alles hängt jetzt an der Frage, was in den genannten Läden nachfolgt. „Die Limbecker Straße bräuchte mehr Geschäfte, die sich von den üblichen abheben und die sie unverwechselbar machen“, meinen die beiden Brüder. Ein Wunsch, den viele für die gesamte Innenstadt so formulieren würden.

Geschäftsleute beklagen die fehlende Aufenthaltsqualität

Auch der Modehändler Desigual ist raus.
Auch der Modehändler Desigual ist raus. © Socrates Tassos

Die Limbecker Straße erleben die beiden Brüder momentan vor allem als Durchgangsweg zwischen Einkaufszentrum und oberer Innenstadt. Die Leute bummeln dort kaum, die Straße hat zu wenig Flair. „Die Limbecker Straße steht einfach nicht für Aufenthaltsqualität“, haben Adries und Weis Rahim in den zwei Monaten bereits festgestellt. In der Adventszeit zum Beispiel hätten sie sich gewünscht, dass auch der Limbecker Platz vor dem Einkaufstempel einladend gestaltet wird. Mit Ständen oder ähnlichem – eben etwas, was die Leute auch dorthin lockt. „Da müsste einfach mehr passieren“, meinen sie. Und hoffen nun, dass die Stadt ihnen wenigstens einige Sitzplätze auf der schmalen Straße vor ihrem Backshop genehmigt.

Als Adries Rahim vor wenigen Tagen im Onlineportal dieser Zeitung die jüngste Untersuchung zur Innenstadt las, war er über die Ergebnisse einerseits erschrocken, fühlte sich aber irgendwie auch bestätigt. In der Befragung des Rheingold-Institutes hatten 50 Passanten in Interviews bestätigt, was viele andere Besucher wohl genauso empfinden: Nämlich, dass sie zwar zum Einkaufen in die Innenstadt fahren, dort aber nicht gerne länger verweilen. Die City wirke an vielen Stellen leblos und kühl. Es fehlt an Flair, um dort mehr Freizeit zu verbringen.

Adries und Weis Rahim hoffen natürlich, dass sich das verändert, und glauben, dass sie selbst dafür einen Beitrag geleistet haben. Ob sie trotzdem noch fest an den Standort glauben? „Wir haben schließlich viel investiert und unseren Mietvertrag fest für zehn Jahre unterschrieben!“ Das klingt nach Bekenntnis.

Handelsverband sorgt sich noch nicht um Leerstände

Was sagt der Handelsverband zur aktuellen Entwicklung auf der Limbecker Straße?

Marc Heistermann, Hauptgeschäftsführer des Verbandes, sieht derzeit noch keinen Grund zur Besorgnis. „Bislang sind die Leerstände dort immer gut gefüllt worden“, meint er. Der Einzelhandelsbesatz auf solchen Straßen sei ein atmendes Konstrukt, und auslaufende Mietverträge böten auch immer eine Chance. Aber auch Heistermann sagt, dass das alles kein Selbstläufer mehr ist. „Die Zeiten sind lange vorbei.“ Deshalb komme es darauf an, solche Standorte attraktiv zu halten.