Essen. . Bischof Overbeck wirbt dafür, Vorurteile gegenüber Homosexuellen zu überwinden. „Durch Treffen mit uns hat er dazugelernt“, sagen Homosexuelle.

Vertreter der Essener Homosexuellen-Szene haben den Bischof des Ruhrbistums, Franz-Josef Overbeck, ausdrücklich gelobt. „Er ist sehr offen und vorurteilsfrei geworden, was Fragen der gleichgeschlechtlichen Liebe angeht“, sagt Markus Willeke, der Geschäftsführer der Essener Aids-Hilfe. Willeke gehört außerdem zum „Forum Essener Lesben und Schwule“, das in den vergangenen Jahren regelmäßig Overbeck zu Treffen eingeladen hat. Der Ruhrbischof habe sich zu einem „vertrauensvollen Gesprächspartner“ entwickelt.

Bischof: Kirche muss Homosexualität neu bewerten

Overbeck hatte in einem Gast-Beitrag der Freiburger Monatszeitung „Herder Korrespondenz“ ausdrücklich dazu aufgerufen, Vorurteile gegenüber Homosexuellen zu überwinden. Vorurteile, so Overbeck, trügen zu Diskriminierung und sogar Kriminalisierung bei. Auch die katholische Kirche müsse Homosexualität neu bewerten – und vor allem homosexuelle Lebensformen scharf abgrenzen von der Missbrauchs-Debatte, die die katholische Kirche erschüttert hat.

Ruhrbischof trifft regelmäßig Vertretern Schwulen- und Lesben-Szene

Im Jahr 2010 hatte Overbeck begonnen, sich regelmäßig mit Vertretern der Essener Schwulen- und Lesben-Szene zu treffen. Anlass war ein Fernsehauftritt des Ruhrbischofs in der Talk-Sendung „Anne Will“. Damals bezeichnete Overbeck Homosexualität als „Sünde“. Die Empörung war damals groß. Gestartet wurde das, was beide Seiten später als „kritisch-konstruktiven Dialog“ bezeichneten. Die Treffen fanden meistens unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt.

Weihbischof Franz-Josef Overbeck.
Weihbischof Franz-Josef Overbeck. © Lutz von Staegmann

„Er ist mit einer sehr offenen Frage-Haltung an die Sache herangegangen und war sehr interessiert an der Lebensgeschichte von homosexuellen Menschen“, erinnert sich Markus Willeke von der Aidshilfe. Als sein Vorgänger im Amt, Klaus-Peter Hackbarth, im Jahr 2013 starb, nannte Overbeck ihn einen „streitbaren, aber immer konstruktiven Wegbegleiter“.

Die regelmäßigen Treffen, da ist sich Dietrich Dettmann ganz sicher, „haben mit dazu beigetragen, dass beim Bischof ein Umdenken eingesetzt hat“. Dettmann gehört zum Kreis der Veranstalter des jährlichen Christopher Street Days Ruhr (CSD); einer Parade, die nach internationalem Vorbild auch in Essen seit 15 Jahren tausende Homosexuelle auf die Straße bringt. Zu der Veranstaltung zählt auch ein Gottesdienst, der – bislang – nicht von einem katholischen Geistlichen abgehalten wird. „Das wäre ein wichtiges Signal, doch so weit ist die katholische Kirche offenbar noch nicht“, bedauert Markus Willeke.

Overbeck sprach von einer „Zeitenwende“

Beim Bistum registriert man seit Jahren, dass sich der Ruhrbischof bundesweit als Erneuerer profiliert hat – erheblich dazu beigetragen hat auch sein aktueller Gruß zum neuen Jahr, in dem Overbeck proklamiert hat, dass die katholische Kirche vor nicht weniger als einer „Zeitenwende“ steht.

„Dabei geht es längst nicht nur um die Bewertung von Homosexualität, sondern auch um Fragen des Zölibats. Der allgemeine Umgang mit Sexualität spielt eine große Rolle“, sagt Bistums-Sprecher Ulrich Lota. „Der Bischof sagt, dass wir erst lernen müssen, dass die katholische Kirche ein Raum sein kann, in dem über wirklich alles gesprochen werden kann.“

Segen für Liebespaare am Valentinstag

Zu den Erneuerungen im Ruhrbistum gehört auch, dass seit wenigen Jahren ein Segen an Liebespaare am Valentinstag (14. Februar) ausgegeben wird — ganz gleich, ob es sich um verheiratete oder unverheiratete Paare handelt. Nur: Für gleichgeschlechtliche Paare ist diese Veranstaltung noch nicht gedacht. „Aber auch für jene“, heißt es aus dem Bistum, „finden wir immer eine Lösung.“

CSD-Organisator Dietrich Dettmann sagt: „Über Veränderungen in der katholischen Kirche freuen wir uns immer, auch wenn es vielleicht nicht schnell genug geht.“