Essen.
. Im mit Spannung erwarteten Domgespräch von Franz-Josef Overbeck und Andrea Fischer gab sich der Ruhrbischof betont offen. Von seiner umstrittenen Äußerung gegenüber Homosexuellen wich er aber nicht ab.
Noch bevor Bischof Franz-Josef Overbeck auch nur ein Wort gesagt hatte, brach im Essener Dom Unruhe aus. Ursache war aber nicht etwa eine diffamierende Äußerung gegenüber Homosexuellen, sondern schlichtweg ein technischer Defekt. Die Lautsprecher wollten nicht so, wie sie sollten. Und die zahlreichen Christen und Zuhörer, die sich bis in den hinteren Bereich des Kirchenschiffs drängten, pochten auf eine glasklare Akustik. Schließlich diskutierten die ehemalige Bundesgesundheitsministerin Andrea Fischer und Ruhrbischof Overbeck beim zweiten Essener Domgespräch mit einem Mikro von der Kanzel aus. Wobei die Situation durch die technischen Begebenheiten dann doch eher einem Frage-Antwort-Spiel glich.
Dabei gab sich der mit 45 Jahren jüngste Bischof Deutschlands betont offen. Ja, die Kirche mache einen radikalen Wandlungsprozess durch und müsse sich immer wieder offenen Fragen - auch der des Zölibats - stellen, gestand Overbeck ein. Für eine Reformation bedürfe es auch einer „Eventisierung“ der Kirche, die ihre Predigten und Gottesdienste mehr nach den tatsächlichen Lebensfragen ausrichte. Glaube bedeute schließlich auch Glaubwürdigkeit.
Imerhin ein Gespräch
Auf den sexuellen Missbrauch angesprochen, kritisierte Overbeck klar die kirchlichen Strukturen, die eine Verschleierung in der Vergangenheit ermöglicht hätten. Erst vor wenigen Wochen hatte er sich offiziell bei den Missbrauchsopfern entschuldigt. Die Fassungslosigkeit war dem Ruhrbischof auch am Mittwochabend deutlich anzumerken. „Es ist wie ein Messer in meiner Seele und auch ich frage mich: Wo war da Gott?“, fragte Overbeck. Er werde alles dafür tun, die Fälle im Ruhrbistum lückenlos aufzuklären und stehe im steten Kontakt mit den damit beauftragten Mitarbeitern der Diözese. „Ich weiß, wie sehr diese Taten meine Mitarbeiter bewegen, und dass auch sie ihren Glauben in Frage stellen“, sagte Overbeck.
Damit sind sie an diesem Abend wohl nicht die einzigen. Viele Homosexuelle des Essener Schwulen- und Lesbenbündnisses sind in den Dom gekommen. Im April hatte Overbeck die gleichgeschlechtliche Liebe bei ARD-Talkerin Anne Will als Sünde bezeichnet. Davon rückte er auch diesmal nicht ab: „Ich vertrete als Bischof die lange Tradition der Kirche und das Zeugnis der heiligen Schrift“, sagte Overbeck. Zielbestimmung der Sexualität seien Liebe und Partnerschaft – zwischen Mann und Frau. Diesen Standpunkt werde er weiterhin deutlich machen. Lauter Protest aus den Kirchenreihen war die Antwort. „Ich lebe seit elf Jahren in einer Partnerschaft. Wissen Sie eigentlich, wie sehr uns ihr Äußerungen verletzten?!“, empörte sich ein Homosexueller laut. Nur mit Mühe gelang es Andrea Fischer, die Zuhörer zu beruhigen.
Zumindest zu einem Gespräch zeigte sich Overbeck schließlich bereit. „In angemessenem Rahmen. Ich schreie sie schließlich auch nicht an“, sagte der Geistliche. Für die Essener Lesben- und Schwulenbewegung ein Teilerfolg. „Ich gehe mit einem guten Gefühl nach Hause. Wir wurden endlich gehört und bekommen zumindest die Chance, miteinander zu reden“, sagte Dietrich Dettmann, Mitglied des Forums Essener Schwulen und Lesben. Vielleicht erfüllt sich dann ja auch die Hoffnung, die sich einige von ihnen auf die T-Shirts gedruckt hatten: „Gay mit Gott“.