Essen-Holsterhausen. . Die Stadt plant Fahrradstraßen in Essen-Holsterhausen. Kritiker fürchten, dass Autofahrer diese meiden und der Handel dadurch Kunden verliert.
Mit rund 130 Millionen Euro fördert der Bund bis Ende 2020 innovative Verkehrsprojekte zur Luftreinhaltung. Die Stadt Essen meldete nun als eine von fünf beteiligten Modellstädten auch ein Projekt für Fahrradstraßen an, das die Gemarken- und die Keplerstraße in Holsterhausen einschließt. Der SPD-Ortsverein aus Holsterhausen begrüßt diesen Plan und lud zu einem Bürgerspaziergang durchs Quartier ein. Doch noch bevor der Rundgang startete, begann die Diskussion von Befürwortern und Kritikern.
Am Freitagabend hatten sich zwei Dutzend Interessierte vor der Sparkasse am Gemarkenplatz versammelt. Allen voran Benno Justfelder. Der SPD-Ortsvereinsvorsitzende wollte seine Gedanken zu den Fahrradstraßen erläutern, aber auch mit den Bürgern über das Thema diskutieren.
Wenn Autofahrer wegen Fahrradfahrern warten müssen
Anwohnerin Michaela Kampmann ließ sich nicht zweimal bitten und entfachte eine hitzige Debatte. Eine Fahrradstraße gefährde den Einzelhandel, da sie unattraktiv für Autofahrer sei. „Wenn die wegen der nebeneinander fahrenden Radfahrer warten müssen, wird sich das über kurz oder lang negativ auswirken, weil die Leute ja mit dem Pkw zum Einkauf fahren.“ Mittelbar seien auch die Vermieter von Gewerberäumen betroffen. Sie selbst vermiete seit Jahren an einen Friseur und habe mit vielen Händlern gesprochen, die ihr beipflichten. „Ohne Kundschaft bleiben auch die Einzelhändler weg.“
Jane Splett (59), die seit vier Jahren in Borbeck wohnt, aber dem SPD-Ortsverein treu blieb, hält dagegen: „Geschäfte kommen und gehen – auch ohne Fahrradstraße. Wir haben hier eh nur noch Spielhallen und Friseure.“
Günther Schröder, SPD-Fraktionschef von der Margarethenhöhe (BV III), mahnte, das Gesamtkonzept nicht aus den Augen zu verlieren: „Wir reden hier von einer Achse von Rüttenscheid über Holsterhausen bis Frohnhausen. Und Fahrradstraßen gibt es auch anderswo, da klappt es schließlich auch.“
Fahrradstraße könnte Anreiz für Familien sein
Manfred Lauszat (70), der seit über 40 Jahren vor Ort wohnt, begreift das Projekt eher als Chance: „Die Fahrradstraße kann Anreiz für Familien sein, Holsterhausen mit dem Rad zu besuchen.“ Er selbst sei in diesem Jahr über 5000 Kilometer geradelt, doch das sei bislang kein Honigschlecken, weil Autofahrer wenig Rücksicht nähmen. Eine Fahrradstraße sorge für mehr Sicherheit.
Stefan Kohlmann, der Anfang Dezember das „Fachgeschäft für Stadtwandel“ gründete: „Wenn alles so bleibt, wie es ist, dann wird sich diese Straße nicht weiterentwickeln.“
Doch genau das soll sie. Benno Justfelder: „Mit dem Projekt sollte eine Umgestaltung einhergehen: Punktuelle Fahrradständer nahe des Eiscafés Dolce Vita und an der Ecke Simsonstraße, dazu neue Pflasterungen und vereinzelte Beete an den Kreuzungen Rubensstraße und Menzelstraße könnten hier für mehr Attraktivität sorgen.“
>>> 500.000 Euro Fördergelder für die Fahrradstraßen
Die Förderung von Verkehrsprojekten zur Luftreinhaltung lässt sich der Bund 130 Millionen Euro bis zum 31. Dezember 2020 kosten. Davon profitieren neben Essen auch die Städte Bonn, Herrenberg, Mannheim und Reutlingen, die alle vom Bundesumweltamt als förderungswürdig angesehen werden, da ihre Projekte zu einer merklichen Reduzierung der Schadstoff-Belastung führen.
In der Stadt Essen wurden drei Projekte mit einem Gesamtvolumen in Höhe von 21.216.104,51 Euro ausgewählt. Etwa 20,5 Millionen Euro entfallen auf Projekte des ÖPNV, 500.000 Euro auf das der Fahrradstraßen. Dabei gibt es drei Achsen: Frohnhausen - Holsterhausen - Rüttenscheid (A); die Rüttenscheider Straße (B) und die Nord-Süd-Verbindung zwischen Ruhr und Emscher (C).