Essen. . Die Arbeitsagentur beklagt: Viele Essener Unternehmen tun zu wenig für die Weiterbildung der Mitarbeiter. Dabei sind die Folgen schon abzusehen.

Alternde Belegschaften und fortschreitende Digitalisierung: Die Arbeitsagentur will Essener Unternehmen dazu bringen, mehr in die Weiterbildung ihrer Mitarbeiter zu investieren. Im Grunde müsste die Wirtschaft zwar selbst ein ureigenstes Interesse daran haben, ihre Arbeitnehmer auf den Wandel vorzubereiten, „aber wir tun uns schwer damit, Arbeitgeber mitzunehmen“, sagte die Chefin der Arbeitsagentur, Andrea Demler. Das oft von Chefs vorgebrachte Argument: „keine Zeit“ dafür zu haben, werde sich rächen.

Nach Untersuchungen der Agentur geht in den kommenden zehn Jahren jeder fünfte Essener Beschäftigte in Rente – ohne dass Nachwuchs in entsprechend gleicher Zahl nachrückt. Das wird den Fachkräftemangel verschärfen, denn es betrifft vor allem Facharbeiter. Zudem, so die Prognose, gefährdet die Digitalisierung in Essen jeden zehnten Arbeitsplatz. Nicht eingerechnet ist dabei, wie viele Arbeitsplätze sich dadurch verändern werden.

© Helge Hoffmann

Demler setzt angesichts der absehbaren Entwicklungen auf das neue Weiterbildungsgesetz, das die Bundesregierung in Arbeit hat, und das vom Bundestag noch verabschiedet werden muss. Das so genannte Qualifizierungschancengesetz soll 2019 starten. Sein Ziel ist es, besonders kleine und mittlere Unternehmen unbürokratischer und mit mehr Geld als heute zu fördern. Mittel dafür hat die Arbeitsagentur genügend. Ihr Budget für Weiterbildung und Qualifizierung steigt im kommenden Jahr auf 12,5 Millionen Euro. Davon sollen zwar auch Arbeitslose qualifiziert werden, aber verstärkt auch Beschäftigte in den Betrieben.

Neue Arbeitslosigkeit verhindern

Was sich die Arbeitsagentur davon verspricht? „Arbeitslosigkeit von morgen zu verhindern“, betont Demler. Zwei Beispiele dafür: Wegen der gut laufenden Konjunktur und dem wachsenden Fachkräftemangel gehen in Essen die Unternehmen im Moment dazu über, vermehrt Helfer einzustellen. „Allerdings werden das die ersten sein, die bei einer abkühlenden Konjunktur wieder arbeitslos sind“, sagte der Chef des Jobcenters, Dietmar Gutschmidt. Qualifizierung könnte sie im Unternehmen halten.

Ein anderes Beispiel, wie Weiterbildung Arbeitslosigkeit verhindern könnte: Unter anderem im Handwerk tun sich viele Inhaber zunehmend schwer, einen Nachfolger zu finden. Die Folge sind Geschäftsaufgaben. Um das Unternehmen zu retten und somit die Arbeitsplätze, müssten Inhaber frühzeitig einen Mitarbeiter entsprechend qualifizieren, damit dieser in ihre Fußstapfen treten kann.

Um für das Thema Weiterbildung zu werben und die Unternehmen zu erreichen, hat sich die Arbeitsagentur in Essen den Unternehmensverband, die Kreishandwerkerschaft , die Industrie- und Handelskammer und auch die Gewerkschaften als Partner ins Boot geholt. „Wir müssen zusammen stärker klappern“, sagte Demler.

>>>DAS NEUE GESETZ ZUR WEITERBILDUNG<<<

Das neue Qualifizierungschancengesetz löst das bisherige Programm WeGebAU (Weiterbildung Geringqualifizierter und beschäftigter älterer Arbeitnehmer in Unternehmen) ab.

Es richtet sich vor allem an kleine und mittlere Betriebe. Sie sollen zum einen die Weiterbildung ihrer Mitarbeiter zu 100 Prozent von der Arbeitsagentur bezahlt bekommen. Hinzu kommt je nach Unternehmensgröße noch ein prozentualer Zuschuss zu den Arbeitskosten – als Kompensation für den Arbeitsausfall. Das kann zwischen 50 und 75 Prozent liegen.

Künftig wird es auch keine Altersgrenzen für die Förderung mehr geben und die Beantragung soll einfacher werden.