Essen. . Die Gesamtschule Bockmühle in Essen-Altendorf erhält den „Talent-Award“ des Initiativkreises Ruhrgebiet – ein Bildungspreis der Wirtschaft
Der Diplom-Sportwissenschaftler Heiko Bias, angestellt als Athletik-Trainer bei Borussia Dortmund, sagt über seine Schulzeit: „Ich bekam genügend Aufmerksamkeit und zur richtigen Zeit einen Tritt in den Hintern. Das war der Beginn meines Weges.“ Bias ist zur Bockmühle gegangen.
Essens älteste und größte Gesamtschule, nicht zuletzt wegen des schlechten Zustands seines Gebäudes anhaltend in der Diskussion, erhält einen revierweiten Bildungspreis, hinter dem die Wirtschaft der Region steckt. Der Initiativkreis Ruhrgebiet hat der Altendorfer Schule und ihrer Leiterin Julia Gajewski am Donnerstag den „Talent Award“ verliehen. Die Auszeichnung ist mit jeweils 5000 Euro dotiert, insgesamt gibt es vier Preisträger.
Preis ist mit 5000 Euro dotiert
Die Gesamtschule Bockmühle erhält den Preis, weil die Schule „trotz schwieriger Bedingungen“, wie es in einem Urteil der Jury heißt, „durchgehende Talentförderung“ betreibe. Oder, wie Mariam Kassem sagt, eine Schülerin aus Stufe zehn: „Vorurteile ziehen die Schule leider runter. Dabei macht das Gefühl, einfach verstanden und gefördert zu werden, meine Schule aus.“
Rund 1500 Kinder und Jugendliche gehen zur Bockmühle. Kaum ein Kind kommt in Klasse fünf mit einer Gymnasial-Empfehlung. Trotzdem machen am Ende, nach Jahrgang 13, rund 50 bis 70 Absolventen das Abitur. Zwei Drittel der Schüler kommen aus Hartz-IV-Haushalten, noch höher ist der Anteil von Schülern mit einem so genannten Migrationshintergrund.
„Zeichen der Wertschätzung“
„Für uns ist dieser Preis ein Zeichen von Wertschätzung, die uns allen sehr gut tut – besonders auch den Schülern“, sagen Julia Gajewski und ihr Vertreter Sven Oliver Freisenhaus. „Dass wir hier gute Arbeit leisten, ist bislang vor allem nur unter Experten bekannt – zum Beispiel bei den Ausbildungsbetrieben.“
Die Bockmühle fing früh damit an, sich auf Veränderungen in der Schülerschaft einzustellen: Dass Lehrer Teams bilden und möglichst wenig Wechsel erfolgen sollen, damit die Schüler stabile Bindungen mit den Pädagogen aufbauen können, wurde in Altendorf schon vor Jahren erkannt und umgesetzt. 2015 krempelte man den Unterricht um, hin zu mehr Selbstlern-Phasen, weg vom Gleichschritt, damit die Schüler im eigenen Tempo vorankommen. Und die Begabten wurden auch nicht vergessen: Seit Jahren kommt alle zwei Wochen ein „Talent-Scout“ der Uni, erklärt talentierten Schülern, wie sie an Stipendien kommen und welche Studiengänge es überhaupt gibt. Denn an der Bockmühle sind die meisten Schüler, die bis zum Abi gehen, die jeweils ersten in ihrer Familie – Bildungspioniere.
Die Bockmühle als Chancengeberin
Und so erzählte Oberstufen-Schüler Brandon, der afrikanische Wurzeln hat, von seiner Sprachreise, die er letztens absolviert hat, denn er hat ein Stipendium ergattert. Er kam nach Liverpool, England. „Nach wenigen Tagen fing ich an, auf Englisch zu denken, das war ein tolles Gefühl“, erzählt der Schüler. Auch er wird, das steht fest, die Bockmühle als Chancengeberin in Erinnerung behalten – jenseits aller Klischees.