Essen. Beim Abriss des Jugendzentrums in Holsterhausen retteten Bürger das 1964 geschaffene Werk vor Zerstörung. Künstler sorgte für Debatten.
Drei Jahre lang saß der tonnenschwere Drachen unter dem Vordach eines Betriebshofs der Stadt. Dort fand die funkelnde Skulptur des Künstlers Adolf Wamper einen Notunterschlupf, nachdem Bagger sie von ihrem angestammten Platz vor dem mittlerweile abgerissenen Essener Jugendzentrum vertrieben hatten. Jetzt glänzen die blauen Mosaiksteinchen auf dem Betonguss wieder in der Sonne. Im Grugapark, vor dem Spielhaus in der Nähe des Haupteingangs, hat der Drachen eine neue Heimstatt gefunden. Er hebt sich von den anderen Kunstwerken im Park ab.
Mit dem Lindwurm, wie Wamper seine Plastik ursprünglich betitelt hatte, war im Zuge der Abrissanlagen an der Papestraße recht unsanft umgegangen worden. Die Bagger zerstörten das Becken des Brunnens, die Zukunft der Skulptur war ungewiss. Mehrere Fachbereiche der Stadt würden prüfen, was man noch mit der Plastik anfangen könne, hieß es damals.
Umzug und Restaurierung kosteten 25.000 Euro
Zwei kulturinteressierte Bürger, Johannes von Geymüller und Klaus Schwab, betraten als Drachenretter die Bühne. Sie regten an, das Werk zu restaurieren und im Grugapark aufzustellen. Eine Anschubfinanzierung leisteten sie gleich noch dazu, und bald unterstützten Politik, Verwaltung und weitere Sponsoren das Vorhaben, das schließlich mit 25 000 Euro zu Buche schlug. Ein Drittel der Kosten übernahm der Verein Freundeskreis Grugapark.
Grünen-Ratsherr Rolf Fliß findet es immer noch „bedauerlich“, dass die zuständige Bezirksvertretung der Skulptur den Denkmalschutz verwehrte. „Dann wäre das eine oder andere leichter gewesen“, als es um die Finanzierung ging. Grund für die strittigen Diskussionen im Stadtteilparlament und die Versagung des Denkmalschutzes war Adolf Wampers Rolle während des Nationalsozialismus.
Künstler lehrte an der Folkwangschule
Im Jahr 1933 trat er der NSDAP bei, war dann ein gefragter Bildhauer, befreundet mit Größen wie Arno Breker und Josef Thorak. Hitler nahm ihn 1944 in die sogenannte Gottbegnadeten-Liste der wichtigsten bildenden Künstler auf. „Das soll auch nicht verschwiegen werden“, betonte Fliß. Der Drachenbrunnen entstand aber Anfang der 1960er-Jahre, als Wamper an der Folkwangschule lehrte. „Das ist keine Kunst aus der braunen Zeit.“ Tatsächlich handelt es sich um typische Skulpturensprache der 1960er Jahre. Monumentales, wie es die NS-Ideologie forderte, ist schwerlich zu sehen.
Julia Ruether freut sich jedenfalls über den Neuzugang. „Er sticht heraus aus der Sammlung“, sagt die Kuratorin der Sammlung Grugapark. Der Lindwurm sei das einzige bunte Werk im Park. Während der Recherche ist Ruether zur Expertin für Fabelwesen geworden. „Lindwürmer sind eine Unterart der Drachen. Sie zeichnen sich durch zwei Beine und einen langen Schwanz aus. Wir wissen, dass die meisten Lindwürmer Schätze bewachen“, erzählt die Kuratorin. Deshalb seien sie auch nicht besonders nett. Fafnir aus der Nibelungensage, Smaug aus der Hobbit-Geschichte und Frau Mahlzahn aus „Jim Knopf“ seien Beispiele dafür. „Sie sind alle ein bisschen aggressiv, aber der hier lacht.“ Genau deshalb sei er vor dem Spielhaus im Park auch gut aufgehoben.