Essen. . Der Naturschutzbund hat in diesem Winter mehr Vögel gezählt als 2017. Für Vogelkundler Uwe van Hoorn ist das nur eine Momentaufnahme.
Für Uwe van Hoorn war es ein besonderer Tag. Denn Eistaucher sind in hiesigen Breiten eine echte Rarität. Deshalb zögerte der Vögelkundler aus Gerschede nicht lange, als ihn ein Anruf der Biologischen Station erreichte: Am Baldeneysee sei ein seltener Vogel gesichtet worden. Van Horn fuhr hin. Und tatsächlich: ein Eistaucher. Der Besucher aus dem hohen Norden dürfte Ornithologen von nah und fern nach Essen locken, ist sich van Hoorn sehr sicher.
Vögel sind die Leidenschaft von Uwe van Hoorn. Alles begann vor 40 Jahren mit einem Steinkauz, der auf einem Bauernhof in Eiberg brütete, wo van Hoorn damals wohnte. „Ich wandte mich an den Naturschutzbund, weil ich mehr darüber erfahren wollte. Da bin ich dann hängen geblieben“, erzählt der Ruheständler, der im Berufsleben Vermessungstechniker bei der Stadt Essen war und längst zu einem ausgewiesenen Experten der bunten Vogelwelt geworden ist.
Der Naturschutzbund vermeldet ein positives Ergebnis
Aus seinem Wintergarten heraus führt Uwe van Hoorn Buch, fertigt Tabellen und Statistiken an. Sie fließen ein in die jährliche Zählung des Naturschutzbundes (Nabu) mit dem schönen Namen „Stunde der Wintervögel.“ Die Ergebnisse, die der Nabu dieser Tage veröffentlicht hat, lesen sich ausgesprochen positiv: „In unseren Gärten und Parks halten sich deutlich mehr Vögel auf als im Vorjahr“, heißt es da. Vor allem Arten, die sich 2017 rar gemacht hatten, fänden nun wieder in die Gärten zurück, allen voran Meisen, aber auch Kleiber, Buntspecht und Kernbeißer.
Kohl- und Blaumeise stehen in Essen ganz oben auf der Liste, gefolgt von Amsel und Elster. Der Haussperling, der bundesweit und auch in NRW einen Spitzenplatz belegt, landet in Essen dagegen nur auf Platz sieben.
Insgesamt wurden zwischen Karnap und Kettwig 9919 Vögel gezählt, im Winter 2017 waren es nur 6557 – wohl auch, weil sich weniger freiwillige Zähler beteiligt hatten, wie van Hoorn berichtet. Statistisch gesehen sei 2017 ein Ausreißer nach unten gewesen. Die aktuellen Zahlen seien deshalb zwar erfreulich, aber kein Grund euphorisch zu werden, warnt der Vogelkundler. Denn die Vogelwelt verändere sich, und das nicht zum Besseren. Die Nachtigall etwa, vor Jahrzehnten in Essen ein regelmäßiger Brutvogel, sei inzwischen fast verschwunden. Auch die Zahl der Feld- und Wiesenvögel nehme dramatisch ab. Die Feldlerche stehe praktisch vor dem Aussterben. Die Aufregung um das geplante Konzert des britischen Barden, Ed Sheeran am Flughafen Essen/Mülheim, einem der wenigen verbliebenen Brutplätze, ist für van Hoorn nur allzu berechtigt.
Die Feldlerche ist vom Aussterben bedroht
Verantwortlich für das Artensterben sei allen voran die Landwirtschaft, die Pestizide einsetze, Insekten vernichte und Vögeln keine Rückzugsräume mehr lasse. Auch die Monotonie in vielen heimischen Gärten trage dazu bei. „Aus Sicht des Naturschutzes ist ein unordentlicher Garten ein guter Garten“, sagt van Hoorn. Einer, in dem das Gras hoch steht, in dem Brennnessel und Löwenzahn wachsen dürfen und wo Vögel das ganze Jahr über Futter finden. Es braucht gar nicht viel, um sich an einer reichen Vogelwelt zu erfreuen. Es muss gar kein Eistaucher sein. Es genügt schon ein frecher Spatz.