Essen. . Unerwartet kündigen die Naketano-Eigentümer einen Abschied Ende 2018 an. Branchenkenner und Kunden rätseln jetzt über die Beweggründe.

Kleiderstange an Kleiderstange reiht sich aneinander. In einem Modegeschäft in der Essener Innenstadt hängen reduzierte Pullover und Jacken der Sportswear-Marke Naketano mit den charakteristischen Kordeln besonders häufig an den Kleiderbügeln, darunter der bekannte Kapuzenpullover. Bald soll damit aber Schluss sein.

Noch bis zum 31. Dezember 2018 will das Unternehmen seine Kunden beliefern, auch der Online-Shop werde an diesem Tag offline gehen. Das teilte das Essener Unternehmen jetzt seinen Einzelhandelskunden mit, wie die Fachzeitschrift Textilwirtschaft berichtet. „Firma und Marke werden nicht verkauft – Anfragen dieser Art bleiben unbeantwortet. Es ist Zeit für eine Veränderung“, zitiert das Fachblatt. Auf Nachfrage unserer Redaktion bestätigte ein großer Naketano-Kunde, dass auch er dieses Schreiben erhalten habe. Naketano selbst war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.

Unternehmen nannte Lage „sehr gut“

Betül Bahar trägt gern Pullover von Naketano.
Betül Bahar trägt gern Pullover von Naketano.

Die Nachricht vom Aus der bislang angesagten Marke kommt für Kunden und Branche überraschend. Große Handelsketten wie Karstadt, Kaufhof, Peek & Cloppenburg oder TK Maxx haben die Naketano-Textilien in ihren Regalen. Auch der Blick auf die Zahlen erklärt nicht die Einstellung des Geschäftsbetriebs.

Erst im November meldete das Unternehmen im Bundesanzeiger für 2015 einen Jahresüberschuss von mehr als zehn Millionen Euro. Im Vorjahr waren es noch vier Millionen Euro weniger. Die Lage des Unternehmens wird in dem Bericht als „sehr gut“ bezeichnet. Auffällig ist indes, wie stark Naketano vom Inlandsgeschäft abhängig ist. Der wesentliche Teil der Umsätze, fast 80 Prozent, wurde in Deutschland erwirtschaftet.

Kleidungsstücke sollen „Lieblingsteile“ sein

Naketano richtet sich nach eigenen Angaben an eine Zielgruppe im Alter zwischen 20 und 30 Jahren. Die Produkte sollen „Lieblingsteile“ sein, wie es Naketano formuliert. Daher setze man besonders auf Qualität. Ein „Hoodie“ kostet zwischen 44 und über 70 Euro. Produktnamen wie „Schnittige Fritte“ oder „Hüter der Pflaumen“ sorgten für Sexismus-Vorwürfe. Laut Homepage seien diese Bezeichnungen aber Ausdruck ihrer„künstlerischen Freiheit“.

Sebastian Margraf kann das Design der Produkte nicht besonders gut leiden.
Sebastian Margraf kann das Design der Produkte nicht besonders gut leiden.

Auf die Nachricht vom Naketano-Aus reagierten Kunden am Mittwoch unterschiedlich – schließlich gefallen die Kleidungsstücke mit den Kordeln, Kragen, Kapuzen und Aufnähern offenbar nicht jedem. „Ist schade drum“, meint Betül Bahar, „80 Prozent der Menschen haben bestimmt so einen Pullover.“ Sie selbst hat auch ein Oberteil von Naketano. „Die sind so kuschelig und warm“, findet die 26-Jährige.

Meinungen gehen auseinander

Jessica Gimbos wird der Kleidung hingegen nicht nachtrauern. „Die Sachen sind nicht mein Fall, ich finde sie hässlich“, sagt die 29-Jährige. Die typischen Naketano-Kragen mag sie nicht. „Viele Leute stehen drauf, ich nicht.“

„Fan bin ich jetzt nicht. Da kommt meine 16-jährige Tochter eher in Frage“, erzählt Birgit Wanders (51). Das Ende von Naketano kümmert sie wenig. „Die Qualität ist schon in Ordnung, die sind aber nicht ganz so preiswert.“

Zuletzt noch äußerst optimistisch

Auch für Männer produziert Naketano. Sebastian Margraf (30) gefallen die Klamotten aber nicht. „Ich sehe das eher als Frauenmarke“, findet er. „Diese Taue am Kragen – das ist nicht so meins.“

Wie es mit den Geschäftsführern Sascha Peljhan und Jozo Lonac und den Mitarbeitern weitergehen soll, ist nicht bekannt. In dem jüngst veröffentlichten Geschäftsbericht verbreitete Peljhan noch jede Menge Optimismus: „Wir beurteilen die voraussichtliche Entwicklung des Unternehmens positiv. Die Textilbranche bietet uns ein großes Wachstumspotenzial.“

Branchenkenner rätseln nun über die Beweggründe für das mutmaßliche Aus der Marke. „Keine Ahnung, was die vorhaben“, sagte eine Branchen-Insiderin dieser Redaktion. Seit Monaten kursiert das unkommentierte Gerücht, Peljhan und Lonac wollten verkaufen.