Essen. . Die Motor Show startet Samstag in ihre 50. Auflage. Sie lockt seit 1968 Autofans an. Ein Wegbegleiter des Gründers erinnert sich an die Anfänge.
- Die Essen Motor Show lockt seit fast fünf Jahrzehnten Autobegeisterte nach Essen
- Dieser Erfolg ist das Lebenswerk ihres Gründers Wolfgang Schöller, der 2017 gestorben ist
- Einer seiner Wegbegleiter, Thomas Kommer, erinnert sich an die Anfänge
Es war an einem Abend 1967, als Wolfgang Schöller, Thomas Kommer und Dieter Fröhlich in der Gaststätte Unionbräu an der Gruga bei einem Bier zusammensaßen. Drei autoverrückte junge Männer Mitte 20. Kommer war Sportjournalist, Fröhlich Rennfahrer und Schöller Ralley- und Bergrennenfahrer.
Wie häufig fachsimpelten die drei und an diesem Abend kam Schöller mit der Idee, in Essen eine Sport- und Rennwagenausstellung auf die Beine zu stellen. Es war eine Zeit, erinnert sich Thomas Kommer, als der Motor-Sport in der Bundesrepublik stark an Popularität gewann und regelmäßig Zehntausende Besucher an die deutschen Rennstrecken strömten. Und dennoch sagt Kommer rückblickend: „Es war im wahrsten Sinne des Wortes eine Schnapsidee.“
Messe-Chef musste von der Idee erst überzeugt werden
So muss es auch der damalige Messe-Chef Walter Bruckmann empfunden haben, als die drei „Jüngelchen“ (Zitat Kommer) ihm ihren Plan vortrugen. Bruckmann gab schließlich dem Drängen nach, wollte aber selbst nicht mit ins Risiko gehen. „Wenn ihr 30 000 Zuschauer zusammenbringt, könnt ihr zufrieden sein“, soll er sinngemäß gesagt haben, erinnert sich Kommer.
Schöller und Fröhlich stemmten die 1. Internationale Sport- und Rennwagenausstellung schließlich aus der eigenen Tasche. Rund 50 000 D-Mark – damals war das eine Menge Geld. Damit holten sie 1968 rund drei Dutzend Wagen nach Essen, die gerade mal zwei Hallen füllten, und als Zugpferd den frisch gebackenen Formel-I-Weltmeister Graham Hill. „Wir wussten nicht, was da auf uns zukommen würde“, erinnert sich Kommer. Der Erfolg allerdings war überwältigend: Schon am ersten Wochenende kamen 27000 Besucher, am Ende waren es 57 000. „Da war klar, dass es weiter gehen würde“, erzählt Kommer. In den Jahren danach war es vor allem Wolfgang Schöller, der die Messe als Organisator vorantrieb. Fröhlich stieg ziemlich bald aus. Thomas Kommer begleitet sie bis heute journalistisch.
„Schöller war nicht zu bremsen“
Ein erster Meilenstein war das Jahr 1970. Thomas Kommer kannte durch seine Arbeit den österreichischen Rennfahrer Jochen Rindt. Der veranstaltete in Wien eine ähnliche Ausstellung und hatte beste Kontakte in die Formel-I-Welt, die den Essenern fehlten. Rindt stimmte einer Zusammenarbeit zu. Im Dezember 1970 fand in Essen erstmals die Jochen Rindt Show statt, allerdings erlebte dies Rindt nicht mehr. Er war drei Monate zuvor beim einem Unfall in Monza tödlich verunglückt. Seine Frau Nina aber begleitete die Messe noch weitere 35 Jahre als Beraterin. Wie Schöller verfügte sie über ein ausgezeichnetes Netzwerk in der Szene.
Die Rindts ins Boot zu holen war ein Geniestreich. Viele weitere folgten. Neuerscheinungen, Kuriositäten, immer wieder neue Ideen und Formate – „Schöller war nicht zu bremsen“, sagt Thomas Kommer. Vor allem mit den Prominenten sorgte die Motor Show über viele Jahrzehnte für Furore. Ob Franz Beckenbauer, der griechische König oder Sarah Ferguson, Herzogin von York – Schöller bekam viele Stars und Sternchen und natürlich auch die Rennelite, für die es zu den Pflichtterminen gehörte, die Saison erst in Essen ausklingen zu lassen. All das ist Geschichte. „Heute ist das viel zu teuer, beispielsweise einen aktuellen Formel-1-Weltmeister zu holen“, sagt Thomas Kommer.
Zwei Krisen-Phasen überwunden
Nur zwei wirkliche Krisen durchlebte die Motor-Show in ihrer langen Geschichte: die Öl-Krise 1973 und die Bankenkrise 2007. Erholt hat sie sich immer wieder. Mit über 300.000 Besuchern ist sie heute die größte Publikumsmesse in der Stadt und eine der größten bundesweit. Dieses Jahr feiert sie ihre 50. Auflage, den 50. Geburtstag im kommenden. Wolfgang Schöller durfte dies nicht mehr erleben. Schöller, der anerkennend „Mr. Motor Show“ genannt wurde, starb im August im Alter von 74 Jahren.
Bis heute ist es für Thomas Kommer ein kleines Wunder, was aus ihrer einstigen „Schnapsidee“ geworden ist. „Ich bin immer wieder überrascht, wie die Messe über all die Jahre Generationen begeistert hat und noch begeistert.“ Das Erfolgsgeheimnis? „Die Mischung“, sagt der 73-Jährige. Sportliche Serienfahrzeuge, Rennwagen, Oldtimer und Tuning – „so was gibt’s sonst nirgendwo“.
Der Zeitstrahl zur Essen Motor Show in Großansicht
Die Highlights der Essen Motor Show in diesem Jahr
Kuriositäten und Sonderschauen gehören regelmäßig zum Programm der Essen Motor Show. Hier gibt es eine kleine Auswahl von Besonderheiten in diesem Jahr:
Rindt-Flitzer
Zur 50. Essen Motor Show ist auch ein Fahrzeug ihres zwischenzeitlichen Namensgebers Jochen Rindt zu sehen. Dass dieser als Motorsportler zu den Weltklassefahrern gehörte, bewies er 1967 in der Formel 2, in der er mit dem ausgestellten Brabham BT23 startete. Er legte eine unglaubliche Serie auf die Rennstrecken: Bei 15 Starts gewann er neunmal, wurde viermal Zweiter, einmal Sechster und fiel nur einmal aus.
Bus mit 25.000 PS
Zu den Publikumsmagneten auf der Motor Show gehören die ausgefallenen Modelle. Dieses zeigt Gerd Habermann Racing vier Crazy Cars, die es zusammen auf 50.500 PS Leistung bringen. Einer dieser Renner trägt den Namen „School Jet Bus“. Mit satten 25.000 PS und einer Schubkraft von 10.000 Kilogramm würde die Fahrt zur Schule damit zum spektakulären Abenteuer.
Sonderschau 50 Jahre AMG
Eine Sonderschau ist der Marke AMG gewidmet. Mehrere hochklassige Fahrzeuge veranschaulichen in Halle 3 die Geschichte der Sportwagenmarke von Mercedes-Benz, die. 1967 gegründet wurde. Zwei AMG-Autos stehen dabei im Mittelpunkt der Sondershow: der 300 SEL 6.8 aus dem Jahr 1971 und der aktuelle Mercedes-AMG GT3. Mit dem 300 SEL landete AMG 1971 einen Coup, der die Firma weltberühmt machte. Beim 24-Stunden-Rennen in Spa belegte das 1,6 Tonnen schwere, rotlackierte Gefährt mit Clemens Schickentanz und Hans Heyer den zweiten Platz. AMG hatte die Leistung des Motors von 250 auf 420 PS gesteigert, was eine Höchstgeschwindigkeit von 265 Stundenkilometer ermöglichte. Das rote AMG-Auto hatte schnell die Bezeichnung „Rote Sau“ weg.
Sportliche Oldies
Die Hauptattraktion des Classic & Prestige Salons, der Oldtimer-Messe, steht unter dem Titel „50 Jahre Super Sports Cars“. In der Sonderschau zeigt die Messe die spektakulärsten Sportwagen von 1967/1968 bis heute. Vertreten sind namhafte Sportwagen-Hersteller bzw. Marken: Aston Martin, Bugatti, Ferrari ,Ford, Jaguar, Lamborghini, Mercedes-Benz, Mc Laren, Maserati und Porsche.
Die neue E-Mobilität
Bei aller PS-Protzerei hält auch das neue Thema Elektromobilität Einzug in die Motor Show. Rinspeed zeigt den selbstfahrenden Oasis, der im dichten Stadtverkehr eine fahrbare Wohlfühlzone bieten soll und ein Gegenentwurf zu den tonnenschweren SUV ist. Angetrieben wird das leichte Gefährt aus Stahl und Verbundstoff durch zwei E-Motoren mit je 40 kW Leistung, die eine Reichweite von 100 Kilometern ermöglichen. Das Auto lässt sich im Stand um die eigene Achse drehen. Besonderer Clou: Hinter der Windschutzscheibe befindet sich ein Kleingarten.
Essen Motor Show: Historische Fotos