Essen. . Mindestens jede sechste Spielhalle in Essen muss schließen. Doch diese Zahl wird noch steigen. Die Betreiber hoffen auf eine Härtefall-Regelung.
- Schon jetzt steht fest: Jedes sechste Casino in Essen muss schließen.
- Doch diese Zahl wird noch steigen, denn die meisten halten den Mindestabstand zueinander nicht ein
- Betreiber hoffen jedoch auf eine Härtefall-Regelung durch die Stadt
Nichts geht mehr wird es bald in vielen Spielhallen der Stadt buchstäblich heißen. Obwohl die Prüfungen des Ordnungsamtes noch laufen, zeichnet sich bereits ab: In Essen wird die Zahl der Spielhallen spürbar sinken. Dutzende Betreiber jedoch kämpfen darum, eine Schließung zu verhindern und stellen sich als Härtefälle dar.
Derzeit gibt es 141 Spielhallen. Ab 1. Dezember gelten für sie schärfere Regeln und die Betreiber brauchen eine Glücksspielerlaubnis. Erst elf solcher Genehmigungen hat die Stadt bisher erteilt. Umgekehrt ist jetzt schon klar, dass mindestens 23 Spielhallen keine Erlaubnis bekommen werden. Denn sie halten den geforderten Mindestabstand von 350 Metern zueinander nicht ein. Entscheidend ist auch: Sie sind nach dem festgelegten Stichtag 28. November 2011 eröffnet bzw. übernommen worden. Sie werden schließen müssen. Das ist jede Sechste.
Bei dieser Zahl wird es aber sicher nicht bleiben. Denn der Großteil der Spielhallen in Essen liegt innerhalb des gesetzlichen Mindestabstandes. Auch für Mehrfachspielhallen gibt es keine Erlaubnis mehr.
Die Prüfung jedoch, welche der jeweils benachbarten Einrichtungen schließen muss, „ist ein sehr komplexes Thema“, betonte Ordnungsdezernent Christian Kromberg am Mittwoch im Ordnungsausschuss des Stadtrates.
Prüfung ist äußerst umfangreich
Viele der betroffenen Betreiber haben bei der Stadt eine Härtefall-Regelung beantragt, um einer Schließung zu entgehen. Die meisten begründen dies mit laufenden Mietverträgen, langfristigen Investitionen und laufenden Abschreibungen. „Die Prüfung jedes Einzelfalles ist sehr umfangreich“, sagte Ordnungsamtsleiter Jörg Stratenwerth. Manche Betreiber haben der Stadt auch angeboten, einen Teil der Geräte abzubauen.
Bei seiner Entscheidung kann das Ordnungsamt auch andere Faktoren einfließen lassen. Nämlich: Hält der Betreiber andere Vorgaben ein oder ist er in der Vergangenheit schon einmal durch Verstöße auffällig geworden? Sollte die Stadt Schließungen anordnen, wird es zu Klagen kommen. „Beim Ordnungsamt besteht derzeit eine gewisse Rechtsunsicherheit“, räumt die Stadt in ihrer Verwaltungsvorlage ein. Denn in NRW gebe es dazu noch keine Gerichtsentscheidungen.
51 Millionen Euro haben Spieler verzockt
51 Millionen Euro haben Spieler in Essen vergangenes Jahr an Automaten in Spielhallen und Gaststätten verzockt. Etwa 3000 Menschen in Essen gelten als spielsüchtig, schätzen Suchthilfe und Schuldnerhilfe.
Selbst sie als Befürworter der verschärften Regeln meinen, dass sich das Glücksspiel damit kaum eindämmen lässt. „Es ist ein Schritt in die richtige Richtung, aber letztlich nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Besser wäre eine zentrale Sperrdatei für gefährdete Spieler“, meint Reinhard Sappok von der Schuldnerhilfe, der seit Jahren mit der Suchthilfe das Projekt „Fairplay“ begleitet. Dabei geht es darum, Spielsüchtigen aus dem Teufelskreis aus Abhängigkeit und Schulden herauszuhelfen. In vier Jahren haben die Einrichtungen über 560 Betroffene bzw. Angehörige von Spielsüchtigen betreut.
Allerdings verlagert sich das Problem von den Spielhallen zunehmend stärker ins Internet, das kaum zu kontrollieren ist und 24 Stunden jeden Tag geöffnet hat.
Informationen zum Glücksspielvertrag
Der Glücksspielstaatsvertrag ist in Nordrhein-Westfalen am 1. Dezember 2012 in Kraft getreten. Er besagt, dass nach einer Übergangszeit von fünf Jahren zwischen den Spielhallen ein Mindestabstand von 350 Meter einzuhalten ist. Auch mehrere Spielhallen in einem Gebäude sind künftig verboten. Das gilt auch für den Namen „Casino“, den die Spielhallen nicht mehr tragen dürfen.
Die Regierungschefs der Länder hatten die Änderungen am Glücksspielstaatsvertrag auf den Weg gebracht, um die Spielsucht wirksamer bekämpfen zu können. Das nicht unumstrittene Abkommen soll vor allem die Ausbreitung der Spielhallen eindämmen.
In Essen gibt es 1381 Geldspielgeräte allein in Spielhallen, dazu kommen noch knapp 1000 in Gaststätten. Auch die Stadt verdient an den Automaten mit: Sie nahm zuletzt rund 10 Millionen Euro „sonstige Vergnügungssteuer“ ein.