Essen. . Künftig sind 350 Meter Mindestabstand Pflicht: Von den 141 Spielotheken in der Stadt liegen jedoch die aller meisten zu nah beieinander.
- Laut Glücksspielstaatsvertrag müssen zwischen zwei Spielhallen künftig 350 Meter liegen
- Von den 141 Spielotheken in Essen halten nur 16 diese Vorschrift ein
- Das Ordnungsamt stellt sich auf ein haariges Genehmigungsverfahren ein
Daddelbude an Daddelbude an Daddelbude – das wird es in Essen bald nicht mehr geben. Für Spielhallen gelten ab Dezember dieses Jahres strengere Vorgaben. Das heißt vor allem: Zwischen ihnen muss es einen Mindestabstand von 350 Metern geben, auch Großbetriebe wie Mehrfachspielhallen sind nicht länger erlaubt.
Wer künftig eine Spielhalle betreiben will, braucht ab Dezember eine glückspielrechtliche Erlaubnis. Die meisten der 141 Spielhallen in Essen müssen allerdings darum bangen. Das Ordnungsamt hat nachgemessen und kommt zu dem Ergebnis: Nur 16 Spielotheken halten momentan den vorgeschriebenen Mindestabstand ein. „Wir haben alle Spielhallenbetreiber aufgefordert, bis Ende Januar eine entsprechende Erlaubnis zu beantragen“, erklärte Thorsten Mantel, der für Glückspielrecht zuständige Sachbearbeiter bei der Stadt.
Stadt rechnet mit langwierigen Prüfverfahren bei den Spielhallen
Die frühe Antragsfrist hat ihren Grund: Die städtischen Beamten richten sich auf langwierige Prüfverfahren und Anhörungen ein. „Das wird sehr umfangreich für die Kollegen werden“, sagte Norbert Geldermann vom Ordnungsamt. Denn sollte die Genehmigung Betreibern verwehrt werden, muss die Begründung gerichtsfest sein. Die Stadt nämlich rechnet mit einer Klagewelle. „Hier geht es schließlich um Millionen“, sagt Geldermann. Auch Ordnungsdezernent Christian Kromberg richtet sich auf Gerichtsverfahren ein: „Das Klagerisiko ist gegeben. Eine endgültige Klärung der Rechtslage werden erst die Prozesse bringen.“
Erste Urteile des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig zu ähnlichen Fällen in Berlin und Rheinland-Pfalz liegen jedoch bereits vor. Das oberste Gericht hielt in diesen Fällen eine Mindestabstands-Regelung für rechtmäßig. Es sah darin auch keinen Eingriff in die Berufsfreiheit der Spielhallenbetreiber.
Schlupfloch für Spielhallen-Betreiber gibt es
Ein Schlupfloch für Spielhallen gibt es jedoch: Die Stadt kann für Bestandsspielhallen, die den Abstand nicht einhalten, eine Härtefall-Regelung anwenden. Dafür muss der Betreiber allerdings darlegen, warum er unter diese fallen würde. Da spielen beispielsweise Fragen nach der wirtschaftlichen Situation eine Rolle aber auch mögliche Vertragsklauseln in den Pachtverträgen. „Die Betreiber hatten jedoch fünf Jahre Zeit, sich auf den 1. Dezember 2017 vorzubereiten“, betont Thorsten Mantel. Da müssten sie schon plausibel machen können, warum sie in der Zeit keinen Alternativstandort gefunden hätten.
Die FDP Essen gehört zu den Kritikern des verschärften Glücksspielstaatsvertrages. Ihr Vorsitzender Ralf Witzel hatte schon vor einigen Monaten vor einen Spielhallen-Sterben in der Stadt gewarnt. Essen müsse dann mit empfindlichen Steuerausfällen rechnen. Die Stadt nimmt jährlich fast zehn Millionen Euro an Vergnügungssteuer ein. Witzel verwies auch auf die Arbeitsplätze, die verloren gingen.
49 Millionen Euro werden in Essen pro Jahr verzockt
Um wie viele Millionen es beim Geschäft in den Spielhallen geht, lassen Zahlen der Landeskoordinierungsstelle Glücksspielsucht aus dem Jahr 2014 erahnen. In dem Jahr verzockten Spieler in Essen fast 49 Millionen Euro und somit fast 150 Prozent mehr als im Jahr 2006. Die Zahl der Glücksspielgeräte war in dem Zeitraum drastisch gestiegen: Um 40 Prozent auf 2150 Automaten in Spielhallen und Gaststätten. Suchthilfe und Schuldnerhilfe schätzen, dass rund 3000 Essener spielsüchtig sind und regelmäßig in den Spielhallen zocken.
Ob das strengere Gesetz die Spielsucht eindämmen wird? Kromberg warnte vor zu hohen Erwartungen: „Die Regelungen sind nicht allein selig machend. Wer süchtig ist, geht auch 350 Meter weiter.“