Essen. . Spielerischer Unterricht: Die Schuldnerhilfe Essen hat ein neues Format entwickelt, wie sie Schüler über die Gefahren des „Daddelns“ aufklärt.

„Wer von Euch hat schon mal Geld in einen Spielautomaten geworfen?“ Schuldnerberater Reinhard Sappok wartet gespannt, welche Antwort ihm die 14-jährigen Schüler mit ihrem elektronischen Abstimmungsgerät geben. 38 Prozent drücken die grüne Taste, die in diesem Fall „Ja“ bedeutet. Mehr als jeder Dritte also. In der Parallelklasse eine Stunde vorher waren es sogar fast 60 Prozent gewesen.

„Das ist schon erschreckend. Denn es zeigt, wie viele damit schon Erfahrung gemacht haben“, meint Reinhard Sappok. Vor allem aber zeige es, dass sich die Betreiber nicht darum scheren, wenn Jugendliche unter 18 Jahren an den Automaten daddeln. Grundsätzlich ist das verboten, die Kontrollen aber scheinen lasch zu sein.

51 Millionen Euro haben Essener im vergangenen Jahr verzockt

Reinhard Sappok ist an diesem Montagmorgen an der Sekundarschule Am Stoppenberg in den 9. Klassen zu Gast. Er will die Schüler über die Gefahren des Glücksspiels aufklären; sie reichen bis zur völligen Abhängigkeit, Isolation und zu überbordender Verschuldung. Erstmals testet der Berater dabei ein neues Quiz, das die Schuldnerhilfe über ein Jahr lang entwickelt hat. Es ist – passend zum Thema – ein spielerischer Unterrichtsansatz: Jeder Schüler kann auf die Fragen und drei vorgegebene Antworten mit einen elektronischen Abstimmgerät voten.

„Wie viel Prozent beim Lotto werden ausgezahlt?“ Oder: „Wie viel Geld haben allein die Essener im vergangenen Jahr an Spielautomaten verzockt?“ Das waren im Übrigen 51 Millionen Euro. Eine „Wahnsinns hohe Zahl“, wie es durch die Bankreihen raunt. Die Mehrheit der Schüler hatte sich für die Antwort 15 Millionen Euro entschieden. Daneben liegen auch viele, als es um die Frage geht, was häufig zur Spielsucht führt. Für die meisten ist die Neugier entscheidend. Aber aus der Praxis weiß Reinhard Sappok: Es sind die anfänglich meist hohen Gewinne, an die sich ein Spieler erinnert und die ihn antreiben.

Auch die Schuldnerhilfe nutzt bei ihrem Quiz die Faszination fürs Spielen

Am Ende der Stunde hat der 14-jährige Morris die meisten Punkte bei dem Quiz erzielt. Es sei eine sehr informationsreiche Stunde gewesen, meint er, die durch das Quiz zusätzlich Spaß gemacht hat. Auch Klassenlehrerin Inge Hartmer attestiert am Schluss der Stunde: „Ein ansprechendes Format, das die Faszination des Spiels wiederum mitintegriert.“ Die Lehrerin weiß, dass das Thema in der 9. Klasse zwar früh aber doch rechtzeitig platziert ist. Denn viele Schüler hätten mit dem Thema Glückspiel bereits Erfahrungen gemacht. Mehr, als sie in dieser Stunde wohl zugegeben haben.

Die Grenzen sind in Zeiten des Smartphones und Tablets ohnehin fließend. Zwischen den Quizfragen blendet Sappok immer wieder Filmszenen ein, in denen junge Glückspielsüchtige ihre Erfahrungen mit Spielautomaten oder Sportwetten schildern. Enttäuscht, deprimiert, aggressiv. Ein Schüler gibt zu, dass er sich manchmal genauso fühlt, wenn er Computerspiele spielt.

Mit dem Quiz will die Schuldnerhilfe im nächsten Jahr weitere Schulen besuchen. Nach den ersten Erfahrungen sagt Reinhard Sappok: „Es ist ein gutes Angebot, mit dem man alle Schüler erreichen kann. Nicht nur diejenigen, die sich in den Diskussionen gerne nach vorne drängen.“