Essen. Drei Bankkunden sind wegen unterlassener Hilfeleistung zu Geldstrafen verurteilt worden. Sie hatten einen 83-Jährigen Mann ignoriert, der zusammengebrochenen war und später starb.

Eine Überwachungskamera im Bank-Foyer hat den viel beachteten Fall dokumentiert

Angeklagten sagen vor Gericht aus, ihr Verhalten im Nachinein zu bereuen

Verteidiger fordern am Montag allesamt einen Freispruch für ihre Mandanten

Urteil im Prozess gegen zwei Männer und eine Frau in Essen, die in einer Bankfiliale einen bewusstlosen Rentner ignoriert haben. Sie wurden vor dem Amtsgericht wegen unterlassener Hilfeleistung angeklagt und zu Geldstrafen von 2.400, 2.800 und 3.600 Euro verurteilt.

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Frank Preuß.
Von Frank Preuß

Eine Überwachungskamera im Vorraum der Bank hatte den aufsehenerregenden Fall dokumentiert: Auf dem Weg zum Bankautomaten stiegen die Angeklagten über einen zusammengebrochenen 83-jährigen Mann oder machten einen großen Bogen um ihn. Dann verließen sie die Bankfiliale wieder - ohne dem hilflosen Mann zu helfen. Erst ein fünfter Kunde setzte einen Notruf ab.

Angeklagten glaubten, sterbender Mann würde schlafen

Vor Gericht beteuerten alle Angeklagten, dass ihnen ihr Verhalten sehr leid tue. Sie hätten gedacht, dass der Mann ein Obdachloser sei, der im Vorraum der Bank schlafe. Dort würden häufiger Obdachlose schlafen.

Am Vormittag wurden während des Prozesses dann auch die Aufnahmen aus drei verschiedenen Kameras gezeigt, die im Vorraum der Bank installiert sind. Auf dem Überwachungsvdieo sieht man eindeutig, wie die Angeklagten den Senior ignorieren, obwohl dieser sich sogar mehrfach bewegt. Er liegt auf dem Rücken und versucht sich auf die Seite zu drehen. Die Mütze des Mannes liegt rund einen Meter neben seinem Kopf. Doch die Angeklagten bleiben regungslos.

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Der 83-jährige Mann, den die Angeklagten für einen schlafenden Obdachlosen hielten, kam nicht wieder zu Bewusstsein und starb eine Woche später. Ein Gutachten ergab, dass er auch gestorben wäre, wenn ein Arzt eher gekommen wäre. Eine Sachverständige der Uniklinik Essen bestätigte dieses Gutachten auch am Montag vor Gericht. Demnach ist der Mann an einem schweren Schädel-Hirn-Trauma gestorben.

Am Mittag forderte Staatsanwältin Nina Razai in ihrem Plädoyer "empfindliche" Geldstrafen in Höhe von 4500 bis 8500 (je nach Einkommen der Angeklagten). "Wir müssen ein Zeichen setzen, dass wir keine wegschauende Gesellschaft wollen", erklärte die Staatsanwältin. Sie erkennt in dem Verhalten der Angeklagten einen "bedingten Vorsatz". Die Verteidigung der 39-Jährigen sowie der 55 und 61 Jahre alten Männer hatte Freisprüche gefordert. Da im Vorraum der Bank immer wieder Obdachlose Schutz suchen würden, sei die Situation für ihre Mandanten eine vertraute gewesen und die Notsituation nicht ohne Weiteres erkennbar, so die Anwälte der Angeklagten. (fp/sat mit dpa)