Essen/Oberhausen. Oberhausener, der laut Anklage mit einer selbstgebauten Bombe einen Nebenbuhler verletzen wollte, ist wieder frei. Tatverdacht bleibt bestehen.

31-Jähriger sagt aus, dass er seinen Nebenbuhler mit dem Sprengsatz nur erschrecken wollte

Oberhausener Angeklagte räumt ein, dass er seine Ex-Freundin gestalkt hat

Gericht schätzt Fluchtgefahr als nicht besonders groß ein. Tatverdacht bleibt bestehen

Der 31-jährige Oberhausener, der laut Anklage seinen vermeintlichen Nebenbuhler in Essen mit einer selbstgebauten Bombe schwer verletzen wollte, ist wieder auf freiem Fuß. Nach sechs Monaten Untersuchungshaft setzte das Landgericht Essen den Haftbefehl am Donnerstag zum Prozessauftakt außer Vollzug. Allerdings muss sich der Angeklagte täglich bei der Oberhausener Polizei melden.

Die XVI. Strafkammer geht zwar weiter von einem dringenden Tatverdacht aus, die Inhaftierung sei aber nicht mehr verhältnismäßig, begründete Richter Martin Hahnemann die Entscheidung. Denn auch nach sechs Monaten sage kein Gutachten aus, wie stark die Sprengkraft der Rohrbombe gewesen sei.

Deshalb sei offen, ob die Aussage des 31-Jährigen stimme, er habe den Essener nur erschrecken wollen, damit dieser ihm wieder den Kontakt zur ehemaligen Lebensgefährtin und Mutter seiner sechs Jahre alten Tochter vermittle. Warum weder Staatsanwaltschaft noch Gericht bislang kein konkretes Gutachten zu dieser Frage erstellen ließen, erklärte er nicht.

Oberhausener räumt ein, ein Stalker zu sein

Im Saal sitzt ein nach außen bieder und recht normal wirkender Mann. Fachabi hat er, dann Maurer gelernt, zuletzt war er arbeitslos. 2009 ist er wegen Drogenhandel zu zwei Jahren und neun Monaten Haft verurteilt worden.

Er selbst räumt ein, dass er ein Stalker ist und seine frühere Freundin massiv bedroht hat. 2015 hatte sie sich von ihm getrennt, seitdem bedrängte er sie. Er sagt, es sei ihm vor allem um den Kontakt zu seiner Tochter gegangen. Aber seine Auftritte müssen so übel gewesen sein, dass das Oberhausener Amtsgericht gegen ihn ein Annäherungsverbot aussprach.

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Laut Anklage vermutete er, dass seine frühere Freundin ein Verhältnis mit seinem früheren Freund, der im Essener Stadtteil Stoppenberg unweit der Zeche Zollverein lebt, angefangen hatte. Deshalb soll er aus Wunderkerzen und anderen Materialien eine 31 Zentimeter lange Rohrbombe gebastelt haben.

Sprengsatz zunächst im Garten gelegt

In einer Nacht im Februar, das räumt er selbst ein, fuhr er dann mit dem Rad von seinem Oberhausener Stadtteil Klosterhardt nach Essen-Stoppenberg. Dort legte er den Sprengsatz im Garten etwas mehr als einen Meter entfernt vom Balkon der Nachbarwohnung des ehemaligen Freundes ab und zündete sie.

Nichts passierte. Experten sprechen von einem “Anzündversagen”, gehen aber von der Explosionsfähigkeit aus. Wenige Tage später meldeten die Nachbarn den verdächtigen Gegenstand in ihrem Garten der Polizei. Die ließ das Haus evakuieren und die Bombe auf einem Feld in Essen-Leithe sprengen.

Schnell kamen die Ermittler auf den Stalker. Nachts stürmte ein SEK seine Wohnung und nahm ihn fest. Die Beamten fanden dort weitere Sprengsätze, aber in der Garage auch einen Eimer mit Kot und Flaschen mit Urin.

Vor Gericht gibt er zu, dass diese für weitere Stalkeraktionen gedacht gewesen seien. Heute schäme er sich für diese Aktionen, aber er habe damals viel Amphetamine genommen. Und er wollte unbedingt Kontakt zu seiner Tochter bekommen, erklärt er, ohne damit wirklich alle Prozessbeteiligten zu überzeugen. Auf Nachfrage des Gerichtes erklärt Psychiaterin Maren Losch, verantwortlich für das Stalken seien nicht die Drogen, sondern die gestörte Persönlichkeit des Oberhauseners.

Warten auf das Gutachten zur Sprengkraft

Ob er wirklich nur erschrecken und auf sich aufmerksam machen wollte, das steht und fällt mit einem Gutachten zur Sprengkraft. Der Angeklagte selbst, aber auch sein Verteidiger Sven-Henning Neuhaus sprechen meist von einem “Böller”, der nur “knallen” sollte.

Jetzt ist der 31-Jährige erstmal wieder in Freiheit. Die Gefahr einer Flucht schätzt die Kammer auf Antrag des Verteidigers und im Gegensatz zu Staatsanwältin Julia Schweers-Nassif nicht als besonders groß ein. Richter Hahnemann: “Er hat auch eine besondere Bindung zu seiner Tochter, auch das mindert die Fluchtgefahr.” Allerdings rät er dem Angeklagten, “den Kontakt nicht unter Umgehung der Kindesmutter zu suchen”. Weitere drei Prozesstage sind geplant.