Essen. . Bei einer Passantenzählung fallen Limbecker und Kettwiger deutlich zurück. Das bestärkt den Eindruck, dass die City an Attraktivität einbüßt.
- Bei einer Passanten-Zählung rutschen Kettwiger und Limbecker deutlich ab
- Das bestärkt bei vielen den Eindruck, dass die Attraktivität der Einkaufsstadt eingebüßt hat
- Einzelhandelsverband: Bei Sicherheit und Sauberkeit ist noch Luft nach oben
Noch vor wenigen Jahren schaffte es die Kettwiger Straße regelmäßig unter die Top 20 der beliebtesten Einkaufsmeilen in Deutschland. Auch die Limbecker Straße schlug sich bei den Zählungen der Passantenfrequenz vergleichsweise gut. Umso überraschender ist der aktuelle Abstieg im Ranking, das das Maklerunternehmen BNP Paribas diese Woche veröffentlichte. Beide Essener Einkaufsmeilen landeten dort nur noch im Mittelfeld. Vor allem die Kettwiger Straße rutschte deutlich ab.
Solche Passantenzählungen seien Momentaufnahmen und von vielen Faktoren beeinflusst, relativiert Marc Heistermann vom Einzelhandelsverband. „Gezählt wird immer nur an einem Tag. Da kann schon das Wetter großen Einfluss haben.“
Und dennoch scheinen die jüngsten Zählergebnisse den Eindruck zu bestätigen, dass Essen als Einkaufsstadt weiter an Rang und Namen verliert. „Das war zu erwarten bei dem Umfeld. Macht auch keinen Spaß mehr, gemütlich einen Kaffee draußen zu trinken. Man wird angebettelt und wenn man Pech hat, noch bestohlen“, beschreibt eine Nutzerin im sozialen Netzwerk Facebook ihren Eindruck. Und eine andere: „Diese Stadt verkümmert; keine schönen Läden mehr“. Einzelmeinungen sind das in der Facebook-Kommentarspalte nicht.
Innenstadt löst Diskussionen auf Facebook aus
Viele vermissen Sauberkeit und Sicherheit in der City – es fehlt an Wohlfühl-Gefühl. „Bei Sauberkeit und Sicherheit ist noch Luft nach oben“, bestätigt Heistermann. Allerdings verweist er auch auf die jüngsten Fortschritte: „Am Willy-Brandt-Platz hat sich die Situation mit der Trinkerszene nach jahrelangem Kampf deutlich verbessert.“ Und seit es größere Müllbehälter gebe, sei auch das Müllproblem in der Innenstadt kleiner geworden. Aber Heistermann weiß auch: „Vieles lässt sich nicht sofort umkehren.“ Denn oftmals sei es ein Problem der fehlenden städtischen Finanzen.
Ob Passantenzählungen wie die von BNP Paribas als Seismograph für die Attraktivität einer Innenstadt aussagekräftig genug sind, mag dahin gestellt sein. „Für Unternehmen, die expandieren wollen, sind sie ein Faktor. Sie schauen schon darauf, wo es eine ausreichende Frequenz gibt“, betont Wolfgang Schneider von BNP.
Wie attraktiv ist also die Essener Innenstadt für neue Ansiedlungen? Der Weggang von Sportscheck und die Insolvenz von Pohland haben an prominenten Ecken große Leerstände hinterlassen. Bis heute gibt es dort keine Nachmieter. Auch die Modekette H&M hat der Kettwiger jüngst den Rücken gekehrt. Und Ende des Jahres wird die Mayersche nach ihrem Umzug ins Baedekerhaus eine Lücke am Markt hinterlassen. Vor allem große Läden, die über mehrere Etagen verfügen, seien schwer zu vermieten, sagen Makler unisono. Hier sind nun die Eigentümer der Häuser gefragt, sich neue Konzepte zu überlegen.
Große Leerstände seit Monaten
Ein generelles Problem, Ladenflächen in der Innenstadt zu vermieten, gebe es aber nicht, meint Bert Pfeffer vom Maklerunternehmen Brockhoff & Partner. „Nachfrage ist da, nur viele finden nicht die passende Fläche.“ Zudem dauere es heute viel länger, bis sich ein Unternehmen entscheide. Deshalb blieben auch Leerstände länger sichtbar.
Dass sich vor allem Filialisten auf der Kettwiger und der Limbecker tummeln, und das meist im niedrigeren Preisniveau, beklagen viele Essener. Sie erinnern dann an die Zeiten, als noch Inhabergeschäfte das Bild prägten und Essen unverwechselbar machten. Dass die Entwicklung heute eine andere ist, liege an den recht hohen Mieten in den 1A-Lagen, sagt Bert Pfeffer. „Solche Läden sind auf einen hohen Durchlauf angewiesen. Dann kommen sie auch mit einem kleinen Einkaufswert pro Kunde auf hohe Umsätze“.
Dass die Passanten-Frequenzen auf der Kettwiger runtergehen, überrasche ihn indes nicht. „Das Einkaufszentrum Limbecker Platz hat der Innenstadt nicht gut getan“. Das Center ziehe Kunden ab, die Umsätze der übrigen Einzelhändler seien so gesunken. Die Folge könne man an den Mieten ablesen: Die sind vor allem auf der Kettwiger Straße deutlich gefallen.
Heistermann verweist derweil auf die große Konkurrenz im Umfeld mit Centro, Rhein-Ruhr-Zentrum oder Ruhr-Park. „Essen, die Einkaufsstadt, ist kein Selbstläufer. Wir dürfen uns nicht zurücklehnen.“