Essen/Mülheim. Nach dem Messerangriff vor der Essener “Mupa“ ist ein 24-jähriger Mülheimer zu fünf Jahren Haft verurteilt worden. Auch das Opfer erntet Kritik.
24-Jähriger Mülheimer hatte sein Opfer mit einem Schnitt in den Hals lebensgefährlich verletzt
Video aus der Überwachungsanlage der Disco dokumentiert die Tat
Opfer machte den ersten Schritt zur körperlichen Auseinandersetzung
Dem Messerstecher von der “Mupa” bleibt die Verurteilung wegen eines versuchten Tötungsdeliktes erspart. Das Schwurgericht verurteilte am Dienstag Azeadine E.-F. zu fünf Jahren Gefängnis wegen gefährlicher Körperverletzung. Der 24-jährige Mülheimer hatte seinem Opfer vor der Diskothek in der Kettwiger Straße einen lebensgefährlichen Schnitt in den Hals versetzt.
Richter Andreas Labentz fand klare Worte, als er den Schnitt, der bis zur Wirbelsäule reichte und eine Halsvene durchtrennt hatte, näher beschrieb: “Herr E.-F., es ist um einen Millimeter gut gegangen. Einen Millimeter weiter, und die Arterie wäre verletzt worden.”
Video aus der Überwachungsanlage dokumentiert die Tat
Der Angeklagte war in der Nacht zum 25. Oktober 2016 vor der Diskothek Musik-Palette abgewiesen worden. Labentz: “Natürlich kommt man im betrunkenen Zustand nicht in die Disco.” Der Marokkaner gab sich damit aber nicht zufrieden und provozierte im Eingangsbereich, schimpfte und drohte lautstark. Das Video der Überwachungsanlage dokumentiert das Vorgeschehen genau.
In der 15. Minute der Aufzeichnung kippte die Stimmung. Das Gericht ersparte dem späteren Opfer dabei keine Kritik. Labentz: “Der körperliche Angriff, das muss man so klar sagen, ging eindeutig vom Nebenkläger aus. Er und sein Freund zogen demonstrativ die Jacken aus. Das sollte signalisieren: Jetzt geht’s los.”
Zweimal soll das Opfer den Angeklagten so stark weggeschubst haben, dass dieser mehrere Meter zurückwich. Beim dritten Mal, auch das zeigt das Video, hält der Angeklagte allerdings ein Messer in der Hand, verbirgt es vor dem Angreifer und sticht unvermittelt zu.
Aus Sicht des Gerichtes hatte der 24-Jährige damit auf eine vermeintliche Notwehrlage falsch reagiert. Um sich gegen weitere Schläge zu schützen, so das Gericht, hätte er zumindest das Messer drohend zeigen müssen. So habe er unverhältnismäßig reagiert.
Nebenkläger machte Schritt zur körperlichen Auseinandersetzung
Staatsanwalt Joachim Lichtinghagen hatte in seinem Plädoyer sechs Jahre Haft gefordert. Verteidiger Volker Schröder, der eine milde Strafe forderte, hatte in seinem Plädoyer stärker die Provokation durch das Opfer hervorgehoben. So sah das Gericht es auch: “Der Nebenkläger hat den Schritt von der rein verbalen zur körperlichen Auseinandersetzung gemacht.”
Übereinstimmend mit Staatsanwalt und Verteidiger stellte das Gericht beim Verhalten des Angeklagten nach dem Stich einen “strafbefreienden Rücktritt vom Versuch fest”. Zwar habe der Angeklagte beim Stich selbst den Tod des Opfers billigend in Kauf genommen. Nachher sei das Opfer aber noch herumgelaufen, habe mit Umstehenden diskutiert. Labentz: “Aus Sicht des Angeklagten hätte er erneut zustechen müssen, um den anderen zu töten. Das hat er aber nicht getan, und deshalb wird er nicht wegen eines versuchten Tötungsdeliktes verurteilt.”