Am zweiten Verhandlungstag berichten Zeugen im Essener Landgericht ihre Erinnerungen zur Glasscherben-Attacke vor einer Essener DIskothek.

  • Zeugen berichten im Landgericht Essen ihre Erinnerungen zur Attacke vor einer Essener Disco.
  • Ein Video filmte, wie der Angeklagte den Geschädigten mit einer Scherbe in den Hals stach.
  • Die Zeugen können nicht klären, ob der Angeklagte zuvor angegriffen worden ist.

Mit einer Glasscherbe schnitt der Mülheimer Angeklagte Azeadine E. in der Nacht zum 25. Oktober 2015 vor der Diskothek „Musikpalette“ während eines tumultartigen Streits seinem Kontrahenten in den Hals – daran besteht auch am Ende des zweiten Verhandlungstags am Donnerstagmorgen im Landgericht Essen kein Zweifel. Doch über die Vorgeschichte der Tat können auch die Zeugenaussagen an diesem Morgen keine Klarheit bringen.

Für die Staatsanwaltschaft stellt die Tat einen „versuchten Totschlag“ dar, bei dem der 24-Jährige den Tod seines Opfers billigend in Kauf genommen hätte. Eine Videoaufnahme der Disco an der Kettwiger Straße zeigt jedenfalls eindeutig, wie der Angeklagte seinen Kontrahenten schwer verletzt. So versuchte dessen Anwalt Volker Schröder erst gar nicht, im Namen seines Mandanten die Tat abzustreiten. Wohl aber habe dieser angegeben, im Vorfeld selbst angegriffen worden zu sein. Ob dies der Wahrheit entspricht oder ob die Aggression komplett vom Angeklagten ausging, bleibt jedoch weiterhin unklar.

Der Türsteher sagt als Zeuge aus

Geladen war unter anderem einer der Türsteher, der in jener Nacht am Einlass kontrollierte. Er berichtet von einem Herrn, der „dem Angeklagten sehr ähnlich“ sehe und der in der Tatnacht zusammen mit einem Freund in die Diskothek in der Essener Innenstadt hinein wollte: Der Einlass sei ihnen jedoch verwehrt geblieben. Daraufhin habe er „sehr lautstark reagiert“, Beleidigungen in fremder Sprache fallengelassen, die Türsteher als Rassisten beschimpft. Laut Einschätzung des Zeugen sei der Mann zu diesem Zeitpunkt „mäßig alkoholisiert“ gewesen.

Die Männer hätten dann begonnen, sich mit den Gästen im Raucherbereich anzulegen, den ein Zaun vom öffentlichen Außenbereich trennt. Bei den Streitigkeiten sei auch ein Glas zu Bruch gegangen.

Auch andere Zeugen bestätigen die Provokationen, die offenbar vom Angeklagten ausgegangen sind. Einer der Zeugen habe gar durch das Gitter einen Faustschlag bekommen – nur dass dieser ausgewichen sei, habe wohl eine schlimmere Verletzung verhindert.

Tumultartige Szenen vor dem Eingang

Doch nicht immer stimmen die Zeugenaussagen an diesem Tag überein – „immerhin ist die Tat sehr lange her “, räumt der Vorsitzende Richter Andreas Labentz ein.

So meint der Türsteher, dass der Geschädigte vor dem Vorfall noch Gast in der Musikpalette war. Andere Zeugen, die Teile oder den gesamten Vorfall gesehen haben, beteuern dagegen, er sei von außen auf das Geschehen gestoßen – offenbar, um Bekannten zu helfen, die mit dem Angeklagten und dessen Freund in Streit geraten waren. Dabei muss die Situation jedoch eskaliert sein: Von einer tumultartigen Szene vor der Disco berichten mehrere Zeugen, Fäuste flogen, einen „kung-fu-artigen Tritt“ habe es gegeben. Von wem der Tritt erfolgte, wer wen zuerst gewaltsam attackierte – daran will sich kein Zeuge erinnern. Manch einer räumt ein, selbst zum Tatzeitpunkt unter Alkoholeinfluss gestanden zu haben. „Die Zeugenaussagen haben keine weiteren Erkenntnisse gebracht“, stellt Verteidiger Volker Schröder am Ende fest. Dessen Mandant schaut während der gesamten Verhandlung schweigend zu Boden.

Mehr Klarheit – auch darüber, ob der Angeklagte den Tod seines Kontrahenten billig in Kauf genommen hätte – erhofft sich das Gericht am Freitag vom dritten Verhandlungstag, an dem unter anderem ein medizinisches Gutachten belegen soll, wie lebensbedrohlich der Halsschnitttatsächlich gewesen war. Am kommenden Dienstag soll der Prozess dann zu Ende gehen.