Essen. . Musik und Tanz am Beckenrand: Reihe „Kunstbaden“ soll dem Essener Grugabad ein neues Image geben. Auch über „Badelotsen“ wird nachgedacht.

Pack die Badehose ein und dann nischt wie ab zum Tango: Mit dieser abgewandelten Zeile eines alten Froboess-Schlagers könnten die Besucher bald ins Grugabad strömen. In diesem Sommer nämlich wird im denkmalgeschützten Bad nicht nur geschwommen, gebräunt und getaucht, sondern auch gelesen, gesungen und getanzt. Unter dem Titel „Kunstbaden“ startet eine Reihe, die Essens 60er-Jahre-Becken zur Bühne macht – für Musiker, Literaten und Tänzer.

Das Flair von früher neu beleben

Wer zuhören will, rollt einfach sein Handtuch aus oder platziert sich auf einem der ausgelegten Kissen. Nummerierte Stuhlreihen und festliche Kleiderordnung wird es nicht geben, sagt die künstlerische Leiterin Jelena Ivanovic. Stattdessen verspricht sie entspanntes Erleben bei Sonnenuntergang mit einem Glas Weißwein oder Limo. Und zwei Stunden vor Veranstaltungsbeginn darf jeder Besucher sogar noch frei schwimmen.

Konzipiert hat die Choreografin die „Kunstbaden“-Reihe, nachdem sie den Ort im vergangenen Herbst beim Tanzfestival „638 Kilo Tanz“ erstmals erkunden konnte. Den kalten, hoch atmosphärischen Freibad-Auftritt im Mondenschein haben alle Beteiligten in guter Erinnerung. „So haben wir unser Bad noch nicht gesehen“, sagt Schwimmmeister Dominik Waap.

Die Reihe geht an vier Abenden an den Start

Und deshalb soll die Kunst am Beckenrand nun weiter Land gewinnen. „Ein Experiment, das aber ausbaubar ist“, sagt Dezernent Andreas Bomheuer, zuständig für Kultur und Sport. Mit wenigen Mitteln aus dem Sportetat geht die Reihe an vier Abenden an den Start. Mit einem Auftritt des Folkwang Kammerorchesters, das sich immer wieder auf ungewöhnliche Spielorte einlässt. Dann folgt eine Lesung, ein romantisches Picknick und ein Tango-Abend, die Domäne von Jelena Ivanovic, die nicht die einzige sein dürfte, die mit dem kultigen Sechziger-Jahre-Bad noch viele Jugenderinnerungen verbindet. Die besondere Art, Kunst und Kultur zu erleben, will sie nun mit dem „Flair von früher“ verbinden.

Damals, weiß nicht nur Ivanovic, war das Freibad auch ein willkommener Ort der Kontaktaufnahme. Im vergangenen Sommer sind in das sonnenflirrende Hormon-Gewirr mit der Flüchtlingsdebatte dann aber auch harsche Misstöne gekommen. Es gab sexuelle Übergriffe und Negativschlagzeilen. Dazu mussten so manche ausländischen Badegäste, die gar nicht schwimmen konnten, aber beherzt vom 3-Meter-Brett sprangen, vor dem Ertrinken gerettet werden, erklärt Kurt Uhlendahl von den Sport- und Bäderbetrieben. Das Grugabad geriet, wie manches NRW-Bad, zum Problembad. Was Uhlendahl relativieren möchte: „Diese Probleme gibt es vielleicht an 20 Tagen im Jahr.“

Sicherheitskonzept soll überarbeitet werden

Und auch deshalb will man nun „einen Kontrapunkt“ setzen. Nicht ohne die Konflikte des Vorjahres unter den Tisch fallen zu lassen. Neben einem neuen Sicherheitsdienst soll auch ein neues, überarbeitetes Sicherheitskonzept helfen, die Probleme zu beheben. Da Sprachbarrieren und Mentalitätsunterschiede oft hinderlich sind, denkt man seitens der Stadt derzeit über den Einsatz so genannter „Badelotsen“ nach, die möglichst aus dem Kulturkreis der jungen Migranten kommen und erklären sollen, wie man sich am Beckenrand benimmt. Das ist dann Badekultur.

>>> Kunstbaden – das Programm im Überblick

Klassische Musik mal anders: Am 2. Juni, 20 Uhr, ist das Folkwang Kammerorchester im Grugabad zu Gast. Den zweiten Teil gestalten drei Tänzer mit einer Choreografie von Jelena Ivanovic zur Musik von Astor Piazzolla. Tickets 18/erm. 12 €.

Literatur am Beckenrand gibt es am 10. Juni, 20 Uhr. Autor, Musiker und Radiomoderator Danko Rabrenovic erzählt in „Herzlich Willkommencic“ vom Alltag zwischen Deutschland und dem Balkan. Tickets 15/erm. 10 €.

Das Romantische Picknick auf der Sommerwiese begleitet das Duo „Toi et Moi“ am 2. Juli, 15 Uhr, mit stimmungsvollen Songs. Tickets 8/erm. 6 €.

Beim „Milonga“-Abend am 22. Juli, 20 Uhr, ist dann auch das Publikum aufgefordert, das Tanzbein zu bewegen. Nach einer Schnupperstunde um 19 Uhr sorgt DJ Jens-Ingo Bordesser für eine atmosphärische Tangonacht. Ticket 8 €.

Ticketreservierung unter kunstbaden@jelena-ivanovic.com