Essen. Seit acht Wochen gehen Menschen für die europäische Idee auf die Straße. „Pulse of Europe“ ist nicht gegen etwas, sondern für Europa.
- Die Bewegung „Pulse of Europe“ gibt es in immer mehr Städten in Deutschland und Europa
- Sie setzt sich für die europäische Idee ein und sieht sich als Stimme gegen antieuropäische Populisten
- Kritik daran, dass die Bewegegung zu unpolitisch sei, weisen die Essener Vertreter zurück
Brexit, Populisten, die das geeinte Europa am liebsten abschaffen würden – da lassen sich echte Europäer von so ein bisschen Regen nicht aufhalten. Obwohl es am Ostersonntag um kurz vor 14 Uhr heftig schüttet, versammeln sich um diese Zeit auf dem Hirschlandplatz etwas mehr als hundert Menschen: In der einen Hand der Regenschirm, in der anderen die Europaflagge.
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„Pulse of Europe“ heißt die Veranstaltung, die sich mittlerweile nicht nur in Essen etabliert hat. In über hundert Städten in Deutschland und anderen Ländern gehen Menschen jeden Sonntag für ein geeintes Europa auf die Straße.
An Ostern weniger Europa-Fans als sonst in Essen
„Kommt ein bisschen näher an die Bühne“, ruft Anne Becker aus dem Organisationsteam. Im Vergleich zu anderen Terminen sind diesmal wenige Europa-Fans in die Innenstadt gekommen. Das Wetter halt und Ostern. Ein Blick ins Publikum: Rentner stehen dort neben Studenten und einer Familie mit Kindern, was das Alter angeht sind die Besucher bunt gemischt.
Jannis Mühlemeyer, 20 Jahre alt und Student, gehört mit seinen Freunden zu den Stammgästen. Zum sechsten Mal sind sie dabei. „Für unsere Generation sind freie Grenzen selbstverständlich“, sagt er. Trotzdem läuft für ihn heute nicht alles gut, er fordert mehr statt weniger Europa: „Die Länder müssen noch viel stärker zusammenarbeiten.“
Eva Jahnke (24) steht zusammen mit ihrer Schwester Lena (22) zum ersten Mal für Europa auf der Straße. Die wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Uni findet: „Es ist gut, dass Menschen mal für etwas sind, und nicht nur gegen etwas.“
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Eine Protestbewegung will „Pulse of Europe“ gar nicht sein. Kritik an Europa lässt sich aber dennoch aus einzelnen Zwischentönen der Redner am offenen Mikrofon heraushören. „Wir müssen Europa weiterentwickeln“, sagt Wilhelm Schröder in Richtung des Publikums. „Wir leben auf der Insel der Glückseligen, aber es gibt oben und unten, es gibt arm und reich.“
Pulse of Europe ist überparteiliche Bewegung
Zehn Thesen hat sich die Ende des vergangenen Jahres gegründete Pulse-Bewegung gegeben: „Von „Europa darf nicht scheitern“, über „Reformen sind notwendig“, bis „Alle können mitmachen“. Die politische Idee, wie es mit Europa und der EU weitergehen soll, möchte sie hingegen nicht liefern. „Das ist nicht unser Job“, sagt Anne Becker. „Wir tragen das Thema in die Öffentlichkeit. Ideen müssen die Parteien entwickeln, jede auf ihre Art.“
Denn auch das will „Pulse of Europe“ sein, überparteilich und offen für unterschiedliche politische Überzeugungen und Positionen.
Dem von Kommentatoren oder Politikwissenschaftlern geäußerten Vorwurf, die Bewegung sei zu unpolitisch, tritt Mit-Veranstalter Oliver Franz entgegen: „Alleine, dass bei diesem Sauwetter die Menschen hierhin kommen, ist schon eine politische Botschaft.“ An guten Sonntagen seien es europaweit bis zu 40 000 Menschen. „Wir haben mehr Menschen mobilisiert, als es Pegida jemals geschafft hat“, meint Franz. Wie lange das noch geht? Bis zur Bundestagswahl will die Bewegung auf jeden Fall durchhalten.