Dortmund/Essen. . Sonntags macht die neue Bürgerbewegung „Pulse of Europe“ auch das Ruhrgebiet zum Treffpunkt für all jene, die an der EU hängen.

Mit seinen 56 Jahren hat sich der Unternehmensberater Herbert Prigge nie sonderlich für Demonstrationen interessiert. Er war nie Mitglied einer Partei und dem Fahnenschwenken zu internationalen Fußballspielen hat er auch nichts abgewinnen können. Und trotzdem: An diesem Sonntag wird der Dortmunder um 14 Uhr mit zahllosen Mitstreitern aus ganz NRW auf die Straße gehen, um Flagge zu zeigen – für Europa.

„Pulse of Europe“ nennt sich eine neue Bewegung, die Dortmund ebenso erreicht hat wie Essen, Düsseldorf oder Lissabon. Immer sonntags strömen Menschentrauben in azurblauen T-Shirts, mit goldenen EU-Sternen auf Ballons und Spruchbannern in die Innenstädte, fluten die Plätze mit dem lauten Pochen eines Herzens – wie ein symbolischer Puls Europas – und demonstrieren für einen vereinten Kontinent.

Die Organisatoren von Pulse of Europe-Gruppe in Dortmund.
Die Organisatoren von Pulse of Europe-Gruppe in Dortmund. © Thomas Goeke

Frankfurter haben diese Bürgerinitiative Ende 2016 gegründet, nach der Wahl Donald Trumps zum US-Präsidenten. Sie wollten die Straßen nicht länger den Rechtspopulisten und Nationalisten überlassen. Die Initiative hat inzwischen Anhänger in 58 europäischen Städten und wächst Woche um Woche über die sozialen Medien. 500 EU-Fans kamen zuletzt zur Dortmunder Kundgebung am Phoenix-See, die Herbert Prigge mit organisierte. Zeitgleich waren es in Essen rund 400 – im Streit um die Deutungshoheit in Europa begehrt die lange beschworene schweigende Masse auf.

Prigges Mitstreiterin Anne Beuscher aus Münster meint: „Man hat das Gefühl, die Menschen haben nur darauf gewartet, dass es so eine Bewegung gibt.“ Sie selbst hatte nach einer Ausdrucksform gesucht, um sich nur in Zwiegesprächen über das „Genöle“ der Pegida-Demonstranten zu ärgern, sondern laut Position zu beziehen. Beuscher arbeitet an einem Sprachinstitut, international ausgebildet schätzt sie das Europa ohne Grenzen. Das Brexit-Votum sei für sie einschneidend gewesen, so Beuscher. „Da merkte ich, dass Europa nicht selbstverständlich ist.“

Den Grund für den Zuspruch sehen die Organisatoren in der Ausrichtung der Initiative. Sie stelle die Gemeinschaft in den Mittelpunkt und sei bejahend. „Wir sind nicht gegen eine Sache, wir stehen für etwas ein“, sagt Birgit Rickert. Der Dortmunderin geht es um die EU als Friedensprojekt. „Ich habe eine zweijährige Tochter. Sie soll in einem friedlichen Land aufwachsen.“ Dafür geht die 43-Jährige auf die Straße – wie Herbert Prigge zum ersten Mal.