Essen. . Mietergemeinschaft hat deutlich mehr Mieterhöhungen auf dem Tisch. Sie sieht darin ein Indiz, dass der neue Mietspiegel eifrig genutzt wird.

  • Die Mietergemeinschaft sagt, dass viele Vermieter den neuen Mietspiegel für Mieterhöhungen genutzt haben
  • Als Indiz dafür sieht sie die deutlich gestiegenen Beratungen zum Thema
  • Ihr Tipp: Auch Mieter sollten den Mietspiegel nutzen, um angekündigte Erhöhungen zu drücken

Der neue Mietspiegel ist jetzt ein Jahr alt. Und die Bilanz der Mietergemeinschaft Essen fällt fast wie erwartet aus: Vermieter haben das neue Zahlenwerk offenbar eifrig für Mieterhöhungen genutzt. „Jede zweite Beratung bei uns dreht sich seither um eine Mieterhöhung“, sagte die Geschäftsführerin der Mietergemeinschaft, Siw Mammitzsch auf einer DGB-Veranstaltung am Mittwochabend zum Thema: „Wohnen muss bezahlbar bleiben.“ Zum Teil seien Vermieter bis an die erlaubte Grenze von 20 Prozent gegangen.

Auf welch breiter Basis die Mieten in der Stadt seither tatsächlich gestiegen sind, lässt sich nicht sagen, die Aussage der Mietergemeinschaft ist lediglich ein Indiz. Der Eigentümerverband Haus und Grund bestätigt, dass es auch bei ihm Beratungen zum Thema Mieterhöhungen gab und gibt. „Von einer Welle kann aber nicht die Rede sein“, bremst Geschäftsführer Werner Weskamp. Laut Mammitzsch waren es aber anfangs vor allem die großen Wohnungsgesellschaften, die an der Preisschraube gedreht hätten, die privaten Vermieter, die Haus und Grund vertritt, folgten dann mit Verzögerung.

Mietergemeinschaft kritisiert Systematik des Mietspiegels

Mit dem Mietspiegel können Mieter und Vermieter je nach Lage, Ausstattung und Baujahr die ortsübliche Vergleichsmiete errechnen. Sie ist die Obergrenze für Mieterhöhungen. Im neuen Mietspiegel waren die Vergleichsmieten im Schnitt um 5,5 Prozent gestiegen, nachdem sie jahrelang fast konstant waren.

Der DBG, IG Bau und Mietergemeinschaft luden jetzt zu einer  Diskussionsveranstaltung ein. Das Thema: Bezahlbare Wohungen. Von links Dieter Hillebrand, Vorsitzender DGB Essen, Siw Mammitzch, Mietergemeinschaft Essen und Peter Köster, Vorsitzender IG BAU Essen.
Der DBG, IG Bau und Mietergemeinschaft luden jetzt zu einer Diskussionsveranstaltung ein. Das Thema: Bezahlbare Wohungen. Von links Dieter Hillebrand, Vorsitzender DGB Essen, Siw Mammitzch, Mietergemeinschaft Essen und Peter Köster, Vorsitzender IG BAU Essen. © Christof Köpsel

Essen hat seit vergangenem Jahr wieder einen qualifizierten Mietspiegel, der von einem externen Institut aufgestellt worden war. Die Mietergemeinschaft, die selbst nicht mit in dem zuständigen Gremium sitzt, hat jedoch grundsätzliche Kritik, an der Systematik des Mietspiegels. Unter anderem seien zur Ermittlung der Wohnlage die Bodenrichtwerte herangezogen worden. Das führte zu solch kuriosen Einstufungen, dass die viel befahrene Alfredstraße in die zweibeste Lage eingeordnet wurde. Aus Sicht von Aichard Hoffmann vom benachbarten Mieterverein Bochum sind Bodenrichtwerte dagegen kein geeigneter Maßstab für die Festlegung einer Wohnlage. „Es ist auch möglich, einen qualifizierten Mietspiegel gerichtlich anzufechten. In anderen Städten ist das schon erfolgreich passiert“, sagte er.

DGB will weiter Quote für sozialen Wohnungsbau

Grundsätzlich schließt Mammitzsch dies nicht aus. „Wir brauchen dafür aber auch einen geeigneten Fall“, sagte sie. Das bedeute auch, dass der klagende Mieter einen Rechtsschutz hat. „Denn wir würden keinen Mieter, den wir vertreten, vor die Wand laufen lassen.“

Mammitzsch rät dagegen betroffenen Mietern, zu prüfen, welche Punkte in der Wohnung zu Abzügen führen könnten. Hier lasse der Mietspiegel nämlich noch Gestaltungsraum. „Nur wissen das wenige.“

Die Diskussion um den Mietspiegel fällt unterdessen in eine Zeit, in der in Essen ohnehin über das Thema bezahlbarer Wohnraum diskutiert wird. Essen wächst, Wohnraum wird knapper und die Mieten werden deshalb weiter steigen. Klar ist aber auch: Ein Mietspiegel ist kein Instrument, um damit Sozialpolitik zu betreiben. Denn er beschreibt nur, was auf dem Mietmarkt passiert.

Für den DGB, der sich das Thema bezahlbares Wohnen auf die Fahnen geschrieben hat, steht deshalb fest: „Wir müssen die Debatte um eine Sozialwohnungsquote von 30 Prozent weiterführen“, sagte Essens DGB-Chef Dieter Hillebrand. Eine solche Quote für Neubauten hatten SPD und CDU jedoch abgelehnt.

Den Mietspiegel für Essen finden Sie hier