Essen. . Halbzeitbilanz der Arbeitsagentur ist ernüchternd: Unternehmen melden zwar mehr Ausbildungsplätze. Doch es sind nicht genügend für alle Bewerber.
- Die Arbeitsagentur hat ihre Halbzeitbilanz am Ausbildungsmarkt veröffentlicht
- Betriebe melden seit Oktober zwar mehr Ausbildungsplätze
- Der Effekt aber verpufft: Denn auch die Zahl der Bewerber ist gestiegen
Die Misere am Ausbildungsmarkt in Essen hält an. Schon zur Halbzeit des diesjährigen Ausbildungsjahres zeichnet sich ab, dass es wie in den vergangenen Jahren nicht genügend Lehrstellen geben wird, um alle Jugendlichen zu versorgen. „Das ist bei dem wachsenden Fachkräftemangel nicht erklärbar. Wir haben ein Problem“, sagte Andrea Demler, Chefin der Arbeitsagentur.
Nach den jüngsten Zahlen der Behörde meldeten die Unternehmen von Anfang Oktober bis Ende März fast 2700 Ausbildungsstellen. Das sind immerhin 122 bzw. fünf Prozent mehr. Doch der positive Effekt verpufft, wenn man sich die Zahl der Schüler anschaut, die dieses Jahr in Essen eine Lehrstelle suchen: 2950 Jugendliche haben bei der Berufsberatung Interesse an einer Ausbildung angemeldet und somit 174 mehr als vor einem Jahr. „Am Ende wird es bei dieser Bewerberzahl wieder nicht reichen“, sagte Andrea Demler.
Nur jeder fünfte Betrieb in Essen bildet noch aus
Immerhin hat Essen noch nicht mit einem Bewerbermangel so wie andere Regionen der Republik zu kämpfen. „Bei der demografischen Entwicklung in den kommenden Jahren ist es überhaupt nicht logisch, dass die Unternehmen weniger ausbilden“, so Demler. Sie redet den Firmen ins Gewissen, sich auch den zweitbesten Bewerber anzuschauen, statt das Thema Ausbildung ganz zu den Akten zu legen. „Jemanden nur wegen eines vielleicht nicht ganz optimalen Zeugnisses abzulehnen, ist nicht der richtige Weg.“ Die Arbeitsagentur könne dann mit ausbildungsbegleitenden Hilfen zur Seite stehen.
In Essen bilden nur noch 21 Prozent der dazu berechtigten Unternehmen aus. Ihr Anteil ist in den vergangenen Jahren stetig zurückgegangen. „Wir lagen in Essen vor einigen Jahren noch bei 25 Prozent. Das war schon wenig, dachten wir damals“, erinnert sich Essens DGB-Chef Dieter Hillebrand. Wenn Essen heute wieder bei den 25 Prozent landen würde, dann wäre schon viel erreicht, stellt der Gewerkschafter ernüchtert fest.
DGB fordert Einführung einer Ausbildungsabgabe
Aus den Betrieben hört Hillebrand vor allem zwei Gründe, warum es mit der Ausbildungsbereitschaft zurück geht: Zum einen beklagten die Unternehmen das Bildungsniveau, das ihnen nicht ausreiche. Zum anderen bilden Unternehmen aus Kostengründen nicht mehr zusätzliche Azubis aus, sondern nur noch für den eigenen Bedarf. Gerade die mittelständische Wirtschaft in Essen dürfte über viele Jahre von der Ausbildungskraft der Konzerne profitiert haben. Dieser Effekt wird kleiner.
Hillebrand bringt eine Ausbildungsabgabe wieder in die Diskussion – also eine Strafzahlung für alle die Betriebe, die nicht ausbilden. „Die Ideologie dahinter muss endlich verschwinden“, forderte Hillebrand. Appelle der Unternehmensverbände und Kammern in die eigenen Reihen fruchteten offensichtlich kaum noch.
Die Arbeitsagentur indes hat in diesem Jahr mehr Personal dafür eingesetzt, um bei den Unternehmen zu werben und auch die Unterstützungsangebote der Agentur vorzustellen. „Viele Unternehmen kennen unseren Service gar nicht. Das soll sich ändern“, sagte Demler.