Essen. Das Zentrum der Steeler Straße rund um den Wasserturm wird von der A52 und der A40 durchschnitten. Anrainer kämpfen seit Jahren für Aufwertung.
„Hier, vor den Toren der Essener Stadtmauer“, sagt Jan Olgemöller und deutet auf die Kreuzung Schwanenbusch, „stand im Mittelalter mal der Galgen.“ Ähnlich wie die einst zum Strick verurteilten Menschen wurde auch die Steeler Straße in den vergangenen Jahren immer wieder tot gesagt: Leerstände, Probleme mit Müll und die teilweise Verdrängung des Fachhandels durch Billigheimer stellen die verbliebenen Inhaber entlang der Straße und das gesamte Quartier vor große Herausforderungen.
Kampf für eine Image-Verbesserung der Steeler Straße
Jan Olgemöller aber, der um die Jahrtausendwende die Initiative „Wir am Wasserturm“ mit begründete, glaubt fest an das Potenzial und kämpft mit vielen Mitstreitern für eine Image-Verbesserung der Steeler Straße: „Wenn wir es schaffen, die Straße wieder aufzuwerten, dann profitiert das gesamte Viertel um den Wasserturm“, sagt er.
Seit Jahren treiben Händler und Stadtteilpolitik den Umbau der Steeler Straße voran, der aller Voraussicht nach im Jahr 2018 abgeschlossen wird: Dann soll die Straße begrünt und der Verkehr in beide Richtungen auf nur noch eine Spur reduziert werden. „Wir suchen auch das Gespräch mit Hauseigentümern und hoffen, dass wir dadurch einige Sanierungen anstoßen können.“
Die Steeler Straße
1920 gab es am Wasserturm blutige Kämpfe
Von dem gutbürgerlichen Viertel, das einst entlang der „Steeler Chaussee“ entstand, wie die Straße bis 1908 hieß, legen bis heute einige Jugendstil-Fassaden Zeugnis ab. Besonders gut erhalten wurde das Äußere des 1884 gegründeten Franz-Sales-Hauses, das 2002 unter Denkmalschutz gestellt wurde. „Heute ist das Franz-Sales-Haus von großer Bedeutung, auch die Eröffnung des Hotel Franz ist ein echter Gewinn und hat die Straße aufgewertet“, lobt Jan Olgemöller.
Etwas weniger prachtvoll als sein 1883 errichteter Ursprungsbau hingegen wurde der Wasserturm wieder hergerichtet. Das Wahrzeichen, das 1920 während des Ruhraufstands Schauplatz eines blutigen Kampfes zwischen Reichswehr, Freikorps und der Roten Ruhrarmee war, wurde später im Zweiten Weltkrieg erheblich zerstört. Beim Wiederaufbau wurden etwa die beiden Wachtürme ausgelassen. Heute findet sich die Essener Tafel im Erdgeschoss.
Dem Viertel fehlt ein aussagekräftiger Name
Dabei fehlt dem Herz der Steeler Straße, die aufmehr als vier Kilometern die Essener Innenstadt mit Steele verbindet, vor allem ein aussagekräftiger Name, wie Jan Olgemöller bis heute bedauert: „Es gab schon mal Bemühungen, das Viertel in Essen-Wasserturm umzubenennen, leider ohne Erfolg. Dabei verbindet jeder die Steeler Straße und auch das Viertel drumherum mit diesem Wahrzeichen. Stattdessen gehört der eine Teil zu Huttrop, der andere zum Südostviertel.“ Das mache auch die gemeinsame Werbung für das Viertel nicht leicht.
Aus Sicht von Jan Olgemöller haben der Bau der A52 und der A40 den Stadtteil nachhaltig verändert – sowohl die Bevölkerungsstruktur als auch den Branchenmix. „Da ist es schwierig, ein zusammenhängendes Geschäftszentrum aufzubauen“, sagt Olgemöller, der schon seine Kindheit in der 1978 gegründeten Apotheke am Wasserturm verbrachte.
Damals sei die Steeler Straße für ihren ausgesuchten Fachhandel bekannt gewesen: Für Geschäfte wie den Haushaltswarenladen Junius etwa, an dessen Stelle heute ein Discounter steht. „Otto Junius war ein echter Macher, so etwas wie der heimliche Bürgermeister des Viertels. Er hat hier viel zusammengehalten“, sagt Olgemöller. Nach 112 Jahren wurde das Geschäft 2010 geschlossen, viele andere waren da schon lange weg.
Baulicher Veränderungen seien wichtig
Spezialgeschäfte fehlen heute immer mehr, stattdessen haben sich viele Bäcker und Friseure an der Steeler Straße niedergelassen. Zudem sind viele türkische Händler hinzugekommen: Zwei Gemüseläden, ein Metzger und zwei Bäcker, nach deren Börek, Baklava und Käsegebäck nicht nur die Kinder von Jan Olgemöller ganz verrückt sind, wie der 46-Jährige am Rande verrät. „Die Fülle ausländischer Lebensmittelhändler auf der Steeler Straße ließe sich gut vermarkten, sie ist mittlerweile ein Alleinstellungsmerkmal“, glaubt Olgemöller.
Zu allererst aber seien die baulichen Veränderungen wichtig, ehe die Steeler Straße wieder zu einer echten Marke werden könne. Olgemöller: „Die Stadt hat sich lange gesträubt, aber mittlerweile erkannt, dass hier etwas passieren muss. Wir sind auf einem guten Weg.“