Essen. Für schnellere Verfahren bei jungen Straftätern soll ein „Haus des Jugendrechts“ eingerichtet werden. Drei Behörden sitzen dafür an einem Tisch.
- Möglichst im April soll ein neues „Haus des Jugendrechts“ entstehen
- Polizei, Staatsanwaltschaft und Jugendgerichtshilfe arbeiten unter einem Dach
- So sollen kurze Wege und eine bessere Zusammenarbeit erreicht werden
Zieht zwischen einer Straftat und einem Gerichtstermin so viel Zeit ins Land, dass der Täter kaum noch weiß, warum er eigentlich auf der Anklagebank sitzt – dann haben die Behörden eindeutig etwas falsch gemacht. Es ist längst kein exklusives Expertenwissen mehr: Gerade jugendliche Straftäter brauchen möglichst fix einen Schuss vor den Bug, um sie rechtzeitig auf Kurs bringen zu können. Der Schlüssel zum Erfolg sind deutlich beschleunigte Verfahren.
Die wollen Polizei, Staatsanwaltschaft und Stadt bald durch kürzere Wege und eine verbesserte Zusammenarbeit erreichen: Ein neues „Haus des Jugendrechts“ soll dies möglich machen. Beamte der polizeilichen Ermittlungskommission Jugend, ein bis zwei Jugendstaatsanwälte und die komplette Jugendgerichtshilfe des städtischen Jugendamts werden möglichst im April unter einem Dach zusammengeführt, um sich der jugendlichen und heranwachsenden Kriminellen in der Stadt besonders intensiv annehmen zu können.
Projektgruppe arbeitet intensiv an dem Konzept
Polizeipräsident Frank Richter, Oberstaatsanwältin Anette Milk und Stadtsprecherin Silke Lenz bestätigten jetzt die Pläne für das Vorhaben, das so schnell wie möglich umgesetzt werden soll. Zur Zeit arbeitet eine Projektgruppe unter Federführung der Polizei an dem Konzept. „Wir stehen Gewehr bei Fuß“, sagt Richter.
Bei aller zugesicherten Entschlossenheit der beteiligten Behörden sind allerdings ein paar Hürden zu nehmen, bis alles unter Dach und Fach ist: Die Verträge für eine geeignete Immobilie sind noch nicht unterschrieben und über die Miet- und Betriebskosten müsse noch geredet werden, so Silke Lenz.
Fallkonferenzen kümmern sich um die Jugendlichen
Immerhin: Zwei mögliche Standorte sind bereits in der engeren Wahl. Dabei handelt es sich nach Angaben von Stadt und Polizei um das ehemalige Schenker-Haus an der Alfredstraße/Ecke Haumannplatz und ein Gebäude an der Zweigertstraße 28-30 in der Nähe der Staatsanwaltschaft.
„Alle Verfahrensbeteiligten werden dort an einem Tisch zusammenkommen können“, sagt Polizeisprecher Lars Lindemann, „um sich um die 70 bis 80 Intensivtäter, die die Ermittlungsgruppe Jugend immer auf dem Schirm hat, in so genannten Fallkonferenzen kümmern zu können“. Der schnelle Vollzug des Strafrechts stehe dabei im Vordergrund.
Jugendkriminalität insgesamt reduzieren
Es sollen kriminelle Karrieren von jungen Intensivtätern möglichst beendet und die Rückfallquoten verringert werden, um die Jugendkriminalität insgesamt zu reduzieren. Was letztlich allen Bürgern in der Stadt zugute kommt: Ein funktionierendes „Haus des Jugendrechts“ kann durchaus mit dazu beitragen, Sicherheitsgefühl und -lage in Essen zu verbessern, zeigen Erfahrungen aus vergleichbaren Projekten in Köln oder im Kreis Paderborn.
Immerhin mehr als jede fünfte Straftat in Essen wird von einem Jugendlichen oder Heranwachsenden begangen. Von den insgesamt 23 214 Tatverdächtigen, die die Essener Polizei im Jahr 2015 ermitteln konnte, waren 2199 im Alter von 14 bis 18 Jahre und 2454 bis zu 21 Jahre alt. Aktuellere Kriminalitätszahlen für Essen veröffentlicht die Polizei am 6. März.