Essen. . Die renommierte Kuratorin Ute Eskildsen hat der Fotoszene von Essen aus wichtige Impulse gegeben. Im Museum Folkwang erinnert eine Schau daran.
Die Vergangenheit ist für Ute Eskildsen im Museum Folkwang derzeit wieder absolut gegenwärtig. Mit der Ausstellung „Das rebellische Bild“ wird gerade an den Aufbruch der zeitgenössischen deutschen Fotografie Anfang der 1980er Jahre erinnert, deren Aufschwung vor allem auch von Essen aus in die Republik strahlte. Ausstellungen wie „Abschied vom Einzelbild“ oder „Reste des Authentischen“ sorgten für eine völlig neue Sicht auf das Medium Fotografie und sind inzwischen selbst Teil der Fotogeschichte, die Ute Eskildsen ein gutes Stück mitgeschrieben hat. Heute feiert die frühere Leiterin der Fotografischen Sammlung und langjährige stellvertretende Direktorin des Folkwang-Museums ihren 70. Geburtstag.
Als Ute Eskildsen 1978 in Essen mit dem Aufbau der Fotografischen Sammlung beginnt, ist sie eine Pionierin. Und Wegbereiterin für eine Kunst, die in den Ausstellungsprogrammen deutscher Museen damals noch längst nicht allgegenwärtig ist. Ute Eskildsen, zunächst Studentin und später Assistentin des großen Foto-Lehrers Otto Steinert, stellt das Medium der Moderne nicht nur in den musealen Rahmen. Sie zeigt sogar Bilder von Amateuren, Schülern, Angestellten und Studenten. Und lässt sie auf die Frage „Wie lebt man im Ruhrgebiet“ mit Fotos antworten.
Das Entweder-Oder ist für die 1947 in Itzehoe geborene Fotohistorikerin keine Option, ihr geht es um die Geschichte und die Gegenwart der Fotografie. Von Anfang an. Das historische Erbe zu heben und zu pflegen und gleichzeitig den selbstbewussten Aufbruch des Mediums Fotografie zu begleiten, ist für sie kein Widerspruch. Neben der Wiederentdeckung vergessener Fotografen wie etwa Helmar Lerski widmet sie sich auch den jungen Wilden aus dem Westen, den wegweisenden amerikanischen Foto-Autoren wie Robert Frank und den Fotografinnen. Erfolgreiche Vertreterinnen wie Rineke Dijkstra oder Clare Strand haben in Essen frühe Ausstellungs-Auftritte. Aber auch die Fotografinnen der Weimarer Republik sind am Folkwang zu entdecken.
Ute Eskildsen denkt nicht in Kategorien, sondern in Qualität. Die Grenzen zwischen angewandter und freier Fotografie bleiben bei ihr lange fließend. Und dass der Beruf des Fotografen so viele verschiedene Schattierungen hat, das beschäftigt sie bis heute. „Es gibt nicht einen Fotografen-Beruf. Über die Veränderung zu forschen, das wäre interessant, auch gesellschaftlich“, sagt sie. Im Herbst wird sie für C/O Berlin eine Schau über den Berliner Fotoreporter Willy Ruge gestalten. Zudem kuratiert sie regelmäßig kleinere Ausstellungen für die Villa Massimo und genießt den vermeintlichen Ruhestand, der ihr vor allem Zeit für Dinge gibt, die während des Tagesgeschäfts nicht immer genug Raum fanden: „Mich interessiert inzwischen mehr das Forschen als das Zeigen.“
Die Sammlung am Museum Folkwang gilt als modellhaft
Als sie im Herbst 2012 nach 34 Jahren das Museum Folkwang verlässt, übernimmt mit Florian Ebner ein von ihr hoch geschätzter Nachfolger die Sammlung, die bis heute zu den herausragenden und modellhaften Konvoluten in der Bilderrepublik Deutschland und in ganz Europa gehört – weil sie wie kaum eine andere die Erschließung und Vermittlung der historischen und der zeitgenössischen Fotografie verbindet.
Junge Fotografen der Universität Essen wie Joachim Brohm, Gosbert Adler oder Andreas Horlitz assistieren ihr damals: erfassen, katalogisieren, archivieren. Heute sind sie selbst ein Teil der Ausstellung „Das rebellische Bild“, das an den Aufbruch von damals erinnert.
„Immer noch eine schöne Schau“, lächelt Eskildsen zum Abschied. Und hofft, dass zum Erhalt des Essener Bildererbes in nächster Zeit die geplante Foto-Restaurierungswerkstatt spruchreif wird.