Essen. . „Das rebellische Bild“ im Folkwang: Wie die subjektive Fotografie Ende der 1970er Jahre für den Wendepunkt in der Essener Fotogeschichte sorgte.

Es gibt Tage, da wird ein Besuch im Museum Folkwang momentan regelrecht zum Ehemaligentreffen. „Weißt du noch?“ Erkennst du den?“ Mit der grandiosen Foto-Schau „Das rebellische Bild“ ruft das Museum derzeit bei vielen Erinnerungen wach, die in den späten 1970ern und 80ern an der Gesamthochschule Essen studiert haben oder einfach nur Betrachter waren jener ästhetischen Revolution, die sich da hinter der Kamera vollzog.

Statt Motive immer größer, schärfer und brillanter abzubilden, statt XXL-Fotografie mit allerneuster Kameratechnik aufzublasen, griffen einige der damaligen Fotografie-Studenten plötzlich wieder zur banalen Pocket-Kamera und sprengten die Grenzen fotografischer Konventionen mit subjektivem Blick und künstlerischer Unschärfe: Ausschnitt statt Überblick, Subjektivität statt Realismusanspruch bestimmten fortan die Sichtweise.

Dabei, erinnert sich der damalige Fotografie-Student Knut Maron, verfügte gerade die Fotoabteilung der Gesamthochschule Essen, die Erich vom Endt nach dem Tod des legendären Foto-Lehrers Otto Steinert übernommen hatte, damals über ein im Land einzigartiges technisches Equipment und ein Labor, in dem Studenten wie Maron die Entdeckung der noch jungen Farbfotografie feierten.

Die Rebellen von einst sind heute selber Künstler oder Lehrende wie Knut Maron, der seine Professur in Wismar dazu nutzt, den Blick seiner Studenten für das Alltägliche, das Authentische zu schärfen. In seiner Galerie „zone E“ an der Kahrstraße hat er stilbildende Arbeiten früherer Kommilitonen nun in einer kleinen Schau versammelt und dazu eine Online-Versteigerung gestartet.

Einstige Weggefährten wie Gosbert Adler, Volker Heinze, Wilmar König und Wendelin Bottländer sind vertreten. Gemeinsam hat man sich in den frühen 1980ern die acht Fotolabor-Kabinen an der Uni geteilt. Auch Andreas Gursky gehörte damals zu den Essener Kommilitonen. Später ist er nach Düsseldorf gewechselt, wurde ein Teil der berühmten Becher-Schule und ein Millionenschwerer Foto-Weltstar.

Wie unterschiedlich die Entwicklungen verliefen, wie die einen die „Ästhetik der Distanz“ zur gut verkäuflichen Optik machen und die anderen die subjektive Sicht zum künstlerischen Konzept, auch darauf geht die Ausstellung ein. Knut Maron hat noch eine weitere Erklärung für die unterschiedlichen Werdegänge: Während die Düsseldorfer Künstler, unterstützt von einer beachteten Kunst-Akademie, sich „clanartig“ unterstützt hätten, sei der Kontakt zum Museum Folkwang irgendwann abgebrochen.

In den 1980ern ist das noch anderes. Da zeigt Ute Eskildsen, die selber noch Assistentin des Foto-Granden Otto Steinert war, wegweisende Ausstellungen wie „Absage an das Einzelbild“ oder „Aspekte der Großstadt“ mit Bildern von Profis und Amateuren – damals revolutionär. Eine Wandarbeit von Volker Heinze, 1986 in der Erfolgs-Ausstellung „Reste des Authentischen“ gezeigt, wurde für die aktuelle Folkwang-Ausstellung neu installiert.

Infos zur Ausstellung

Die Ausstellung „Das rebellische Bild“ ist noch bis zum 19. Februar im Museum Folkwang zu sehen. Öffnungszeiten: Di/Mi, Sa/So 10-18 Uhr, Do/Fr 10-20 Uhr. Der Katalog kostet 39,80 €.

Die Online-Auktion mit handvergrößerten, signierten und nummerierten Vintage-C-Prints von Fotografen wie Knut Maron, Volker Heinze oder Gosbert Adler gibt’s unter www.zone-e.info.

Für Knut Maron ist „Das rebellisch Bild“ deshalb es ein willkommener, aber auch überfälliger Anlass, an den Aufbruch von damals und die besondere Rolle der Foto-Stadt Essen zu erinnern. Dass Essen im Dreiklang mit den Ausstellungs-Partnern Berlin und Hannover dabei durchaus eigene Schwerpunkte setzt und den Einfluss des Berliner „Werkstatt für Photographie“-Gründer Michael Schmidt nicht allzu sehr in den Vordergrund rückt, begrüßt Maron.

Zwar habe der 2014 verstorbene Fotograf, selber Autodidakt und Förderer der nicht-akademischen Fotografie, als Dozent an der Uni Essen auch im Ruhrgebiet Akzente gesetzt, aber doch nicht so lang und prägend, wie von manchen gedacht. „Das rebellische Bild“ sei vielmehr das Ergebnis akribischer Recherche und langer Gespräche, die Florian Ebner, heute Leiter der Fotografischen Sammlung am Folkwang, mit den Akteuren von damals geführt habe. Die erinnern sich gerne – an die Essener Foto-Revolution in Farbe.