Baudezernentin Simone Raskob verspricht, dass die Grüne Hauptstadt nah an den Menschen sein wird und das mehr als nur Baden im See heißt.
- Die Grüne Hauptstadt soll nah an den Menschen sein, verspricht Dezernentin Simone Raskob
- Es soll 40 Aussichtspunkte geben, eine krachende Eröffnungsfeier im Januar oder Mobilitätspunkte
- Und erstmals darf im Baldeneysee wieder gebadet werden
Das Grüne-Hauptstadt-Jahr hat noch gar nicht begonnen, da hagelte es Kritik. Aus der „Ela-Plattform“ im Schellenberger Wald wird nichts. Sind Sie enttäuscht?
Simone Raskob: Es ist politisch klar, dass die Plattform nicht gebaut wird. Aber wenn einer von 40 Aussichtspunkten nicht realisiert wird, tut das dem Projekt keinen Abbruch. Es ist einfach eine wunderbare Idee, den Menschen die Stadt im Norden wie im Süden aus neuen Blickbeziehungen zu zeigen. „Essens Aussichten“ ist auch ohne die Ela-Plattform ein tolles Projekt.
Die Grüne Hauptstadt scheint viele kalt zu lassen. Ein Funke, der bald zünden könnte, ist nicht zu spüren. Oder täuscht dieser Eindruck?
Simone Raskob: Dafür für braucht es einen emotionalen Anfangspunkt. Das war im Jahr der Kulturhauptstadt nicht anders. Den meisten wird die wunderbare Eröffnungsveranstaltung bei Schnee und Eis auf Zollverein in Erinnerung geblieben sein. Erst da sprang der Funke über. Das wollen wir auch mit der Eröffnungsfeier zur Grünen Hauptstadt am 21. und 22. Januar im Grugapark schaffen, an der wir mit Hochdruck arbeiten. Es soll eine sehr emotionale Veranstaltung werden, bei der die Besucher die Themen der Grünen Hauptstadt mit allen Sinnen erleben können. Wir alle freuen uns riesig darauf.
Die Grüne Hauptstadt ist ein europäisches Projekt. Europa steckt in der Krise. Macht es das schwerer, die Menschen zu begeistern?
Simone Raskob: Europa wird deshalb häufig so kritisch wahrgenommen, weil die Vertragsbeziehungen kompliziert sind und die Entscheidungswege langwierig. Mit der Grünen Hauptstadt hatte Brüssel aber eine sehr kluge Idee: Das Projekt ist eine direkte Verbindung von der EU zu den Kommunen, zu den Bürgern. Ich denke, die Grüne Hauptstadt ist ein hervorragendes Beispiel dafür, wie bürgernah Europa sein kann.
Die Grüne Hauptstadt kostet auch Geld ...
Simone Raskob: ... unser Budget beträgt aktuell 16,25 Millionen Euro.
Die Stadt Essen beteiligt sich daran mit fünf Millionen Euro. Mancher fragt sich, warum sie das Geld nicht für Naheliegendes ausgibt, für die Sanierung von Straßen oder Schulen zum Beispiel.
Simone Raskob: Viele Themen der Grünen Hauptstadt drehen sich um gesetzliche Pflichtaufgaben, um Daseinsvorsorge: um Lärmminderung, um Luftreinhaltung, um Klimaschutz, Abfallwirtschaft und Nahverkehr, um einige zu nennen. All diese Themen wollen wir in den Vordergrund stellen. Es geht um Nachhaltigkeit. Natürlich ist es nicht besonders sexy über Lärmminderungsplanung oder Luftreinhalteplanung zu reden.
Wie machen Sie klar, dass es um die konkrete Lebenswirklichkeit der Menschen geht?
Essen: Grüne Hauptstadt Europas 2017Simone Raskob: Wenn Sie sich das Programm anschauen, werden Sie feststellen, dass wir sehr nah dran sind an der Lebenswirklichkeit der Menschen. 200 Bürgerprojekte sind fester Bestandteil des Programms. Über Teilhabe und Mitmachen schaffen wir Identifikation. Ich denke, uns ist eine gute Balance gelungen zwischen solchen Basisprojekten und europäischen und internationalen Kongressen, mit denen wir ganz andere Zielgruppen ansprechen. Für das ganze Programm gilt: Wir machen keine Nabelschau und zeigen wie schön und wie toll wir sind. Wir arbeiten an eigenen Themen, die nachhaltig sind. Und die Grüne Hauptstadt soll auch Spaß machen.
Zum Beispiel?
Simone Raskob: Denken Sie an die Badestelle am Baldeneysee, die wir im Mai eröffnen werden. Oder an die Mobilitätsstationen, die wir am Haumannplatz und am S-Bahnhof Steele bauen. Bürger können dort Leihfahrräder und Car-Sharing nutzen und haben direkten Anschluss an den öffentlichen Nahverkehr. Das sind nur zwei von sechs geplanten Stationen. Die anderen werden auch noch gebaut, Ende 2017 oder 2018.
Und für alle Verkehrsmittel gibt es dann hoffentlich ein Ticket.
Simone Raskob: Genau daran arbeitet die Evag. Es wird im nächsten Jahr ein „Green Ticket“ geben. Außerdem gibt es Tickets, die uhrzeitgenau nach 24, 48 oder 72 Stunden ablaufen. Damit können Sie außerdem 50 Aktionen der Grünen Hauptstadt kostenlos oder vergünstigt besuchen, zum Beispiel die zentrale Ausstellung auf Zollverein.
Die Grüne Hauptstadt soll keine Marketing-Kampagne sein. Warum ist das Projekt für Essen wichtig?
Simone Raskob: Essen hat einen erfolgreichen Strukturwandel hinter sich von einer Industriestadt zu einer der grünsten Städte des Landes. Der Strukturwandel ist ein europäisches Thema. Essen kann beispielhaft sein für andere Städte. Wir erfahren wiederum Aufmerksamkeit. Stiftungen kommen auf uns zu. Die EU bewilligt Projekte. Das Bundesforschungsministerium hat uns aufgefordert, einen Nachfolgeantrag über zehn Millionen Euro für die Klimainitiative zu stellen. Sponsoren helfen uns, innovative Projekte zu realisieren, die es ohne die Grüne Hauptstadt nicht gegeben hätte.
Projekte wie das Methanol betriebene Schiff auf dem Baldeneysee?
Simone Raskob: Wenn es solche nachhaltigen Projekte sind wie dieses, hat die Grüne Hauptstadt schon viel bewegt.
Wann ist 2017 für Sie ein erfolgreiches Jahr?
Simone Raskob: Wenn es uns gelingt, Bilder nicht nur in die Köpfe zu tragen, sondern in die Herzen. Wir sind selbst neugierig und gespannt darauf, wie das Programm bei den Menschen ankommen wird, welche Veranstaltung ein Highlight wird. Jeder wird sein eigenes Bild mitnehmen. Natürlich wollen wir den öffentlichen Nahverkehr nach vorne bringen, den Radverkehr, das Zufußgehen. Wir wollen über die Herzen, über Spaß und Freude erreichen, dass es bei den Menschen klick macht. Aber 2017 ist die Grüne Hauptstadt ja nicht zu Ende. Wir bleiben immer Grüne Hauptstadt. Das Thema ist gesetzt, wir werden es weiter bespielen, 2018 und danach.
Das Gespräch führte Marcus Schymiczek