Essen. . Die Weiße Flotte Baldeney will das Schiff für 1,7 Millionen Euro kaufen und umrüsten. „Innogy“ ist als Sponsor an Bord. Aber: Es gibt Kritiker.
- Fahrgastschiff soll mit Brennstoffzellen-Technik ausgerüstet werden. Stromgewinnung aus Methanol
- Energieträger soll am Baldeneywehr erzeugt werden. Stadt spricht von Leuchtturmprojekt für 2017
- Weiße Flotte will Schiff für 900 000 Euro kaufen und umbauen. Piraten: eine weitere Schnapsidee
Der Dieselmotor hat auch in der Schifffahrt noch nicht ausgedient, die Weiße Flotte Baldeney steuert in Sachen Antriebstechnik aber neuen Ufer entgegen: Im kommenden Sommer will die städtische Tochtergesellschaft ein neues Fahrgastschiff in Betrieb nehmen, das seine Energie aus erneuerbaren Quellen speist.
Die Stadt spricht von einem „Leuchtturmprojekt“ für die Grüne Hauptstadt. Hauptsponsor Innogy ist mit an Bord. Das Essener Energieunternehmen, das auf regenerative Energiequellen setzt, hat in Aussicht gestellt, sich mit einer Million Euro an dem Projekt mit dem Titel „Green Fuel“ zu beteiligen.
Methanol soll im Kraftwerk am Wehr gewonnen werden
Das ist geplant: Für insgesamt 1,7 Millionen Euro will die Weiße Flotte einen Ausflugsdampfer erwerben und umbauen. Das Schiff soll mit einem Elektromotor und mit einer Brennstoffzelle ausgerüstet werden. Diese nutzt zur Stromerzeugung Methanol, das im Wasserkraftwerk am Baldeneywehr gewonnen werden soll. In einer zwei mal zwei Meter großen Anlage wird dazu Kohlendioxid aus der Umgebunsgluft gefiltert; mit Hilfe von Strom und Wasser wird daraus Methanol hergestellt.
Ein Ausflugsschiff, das für den gewünschten Zweck geeignet sei, ist bereits ausgeguckt. Es handelt sich um die „MS Inselstadt Ratzeburg“. Das 2006 vom Stapel gelaufene Fahrgastschiff wäre für 900.000 Euro zu haben. Derzeit schippert es über den Ratzeburger See nahe Lübeck. Seinen Dieselmotor soll es auch nach dem Umbau behalten – als Sicherheitsantrieb.
Den Plan, eines der eigenen Schiffe zum Öko-Dampfer umzubauen, hat die Weiße Flotte verworfen: zu alt, zu teuer.
Ab dem 1. Juli soll das umweltfreundliche Fahrgastschiff auf dem Baldeneysee seine Runden drehen. Am Donnerstag war der Umweltausschuss aufgefordert, 700 000 Euro als Investitionszuschuss für das Projekt zu bewilligen. Begründung: Soll der „Öko-Dampfer“ pünktlich in See stechen, gelte es für Umbau und Zulassungsverfahren keine Zeit zu verlieren. Finanziert wird der städtische Anteil laut Verwaltung komplett aus Fördergeldern.
Umweltausschuss bewilligt 700.000 Euro
Bei einer Gegenstimme gaben die Umweltpolitiker in nicht öffentlicher Sitzung unter Vorbehalt grünes Licht: Zustimmen muss auch die Kommunalaufsicht. Sicherzustellen ist ferner, dass Schiff und Antrieb eine Zulassung erhalten. Und letztlich muss die Million von Innogy tatsächlich fließen.
Nicht nur wegen des hohen Tempos, das die Verwaltung anschlägt, sehen die Piraten im Rat der Stadt das Projekt kritisch. In ihren Augen ist das Methanolschiff nach der Ela-Plattform im Schellenberger Wald „eine weitere Schnapsidee“ im Rahmen der Grünen Hauptstadt. „Die Herstellung des Schiffes wird mehr Ressourcen verbrauchen, als in 30 Jahren durch regenerativ erzeugtes Methanol ersetzt werden kann“, empört sich Kai Hemsteeg.
Piraten sehen Öko-Bilanz kritisch
Der Sprecher der Ratsgruppe ist weder überzeugt von der Brennstoffzellentechnik („Hatten wir schon vor zehn Jahren“), noch von der Energiebilanz: „Die Methanol-Fabrik wird Strom vom Stauwehr verbrauchen, der dem Strommarkt entzogen wird.“
Auch aus wirtschaftlicher Sicht hält Hemsteeg die Anschaffung nicht für sinnvoll. Der Wert der Flotte betrage laut Bilanz 1,3 Millionen. „Durch Verdopplung des Bilanzwertes werden sich meiner Meinung nach Zinsen und Abschreibungen verdoppeln, ohne erhebliche zusätzliche Umsätze generieren zu können.“
Hemsteegs Fazit: „Die Weiße Flotte wird sich hierin verfangen, wie die Schiffschraube in der Wasserpest Elodea.“