Essen- Kettwig. . Marco Schwedt ist seit 17 Jahren für die Weiße Flotte tätig. Als Schiffsführer fährt der 53-Jährigefast täglich Passanten auf der Ruhr spazieren. Für ihn gibt es nichts Besseres.

Ganz vorsichtig legt die MS Kettwig am Haltepunkt Werden Brücke an. Die Tür des 27,8 Meter langen und 5,20 Meter breiten Bootes sowie das Türchen vor dem Steg, der die Ruhr mit dem Gehweg verbindet, werden vom Bootsmann des Schiffes geöffnet, so dass die Fahrgäste nun ein- oder aussteigen können. Raus will aber bei diesem schönen Wetter niemand. Das Deck des Schiffes ist mit Fahrgästen voll besetzt.

Besetzt ist natürlich auch das Fahrerhäuschen. Hier sitzt der Schiffsführer der heutigen Fahrt – Marco Schwedt. Mit seinem weißen Hemd, der Ankerkette um den Hals und seiner marinefarbenden Hose hebt er sich optisch von dem Rest der Passagiere ab. Als der Bootsmann ein Zeichen zum Weiterfahren gibt, geht es auf dem Fluss in Richtung Kettwig weiter.

Gut gelaunt greift Marco Schwedt zum großen schwarzen Steuerrad und bringt das Schiff auf Kurs. „Schiffsführer zu sein, ist ein toller Job“, sagt er lächelnd. „Dafür habe ich mit Anfang 40 extra noch einmal die Schulbank gedrückt.“ Der Essener ist bereits im 17. Jahr für die Weiße Flotte tätig. Begonnen hat er allerdings als Reinigungskraft für die Schiffe. „Zwei Jahre lang habe ich die Boote sauber gemacht, dann dachte ich mir, jetzt willste so ein Ding aber auch mal selber fahren.“

Schiffsführer waren zu dem Zeitpunkt gesucht. Schwedt bewarb sich auf den Posten und konnte dann als Quereinsteiger starten. Neben dem Führerschein in unterschiedlichen Stufen für unterschiedliche Strecken, gab es außerdem viel Theorie zu lernen. Schifffahrtstechnik, Streckenkunde sowie Informationen übers Fahrwasser lernen, waren beispielsweise Teil der Ausbildung.

Das Unternehmen

Die weiße Flotte ist das größte regionale Unternehmen der Personenschifffahrt. Früher wurde sie als Fährbetrieb für Zechenarbeiter genutzt. Das Unternehmen zählt 100 000 Fahrgäste pro Saison.

Bis zu 250 Personen kann die MS Kettwig transportieren.

Die maximale Fahrgeschwindigkeit der Schiffe liegt bei zwölf Kilometer pro Stunde.

„Insgesamt habe ich für das große Patent vier Jahre gebraucht“, so der 53-Jährige. Das große Patent berechtigt den Inhaber, alle Wasserfahrzeuge zu fahren.

„Vor uns sehen sie die Kettwiger Schleuse – die kleinste Schleuse der Ruhr“, schallt es durch das Mikrofon. Marco Schwedt ist neben Schiffs- auch Fremdenführer an Bord. „Ich finde es gehört einfach dazu, die Passagiere zu informieren. Wir haben auch viele Touristen dabei, die sich hier nicht auskennen und etwas Neues lernen wollen.“ Die Durchsagen gestalte er selbst. „Das macht mir Spaß und ich lerne gleichzeitig auch immer etwas dazu.“

Bei der Weißen Flotte fährt er alle Strecken. In der Saison – von April bis Oktober – ist er sechs Tage am Stück im Einsatz, dann folgen zwei Tage Auszeit. Im Winter fährt er fünf Mal in der Woche, dabei auch viele Sonderfahrten. „Die schönsten Fahrten finden im Winter statt“,erzählt der Schiffsführer. Die Nikolausfahrten seien dabei seine Favoriten.

Doch ob Sonderfahrt oder nicht, Schwedt genießt seinen Beruf jeden Tag aufs Neue. „Ich habe unheimlich gerne mit Menschen zu tun. Klar steckt da auch eine Menge Verantwortung hinter, aber ich mache das gerne.“ Neben ihm sind bei der Weißen Flotte sechs Schiffsführer im Dienst. „Leider müssen wir – auf Grund des sehr wenigen Interesses bei jungen Menschen für dieses Berufsfeld – auf bereits sich in Rente befindende Schiffsführer der Flotte zurückgreifen. Sonst müssten einige Schiffe liegenbleiben“, bedauert er. „Es ist schade, dass kaum jemand diesen Job ausüben will.“

Auf der Ruhr immer auf und ab

Als die MS Kettwig den Haltesteg in Kettwig erreicht, hupt der Schiffsführer einmal durch, damit die Paddelboote den Weg frei machen und das Schiff anlegen kann. Als es steht, werden die Türen wieder vom Bootsmann geöffnet – Passagiere steigen aus. Für Marco Schwedt geht die Fahrt allerdings weiter – wieder zurück Richtung Baldeneysee. Bis zum Feierabend sind es für ihn noch ein paar Stunden, doch damit kann er leben.