Essen. . Sicherheitsbehörden gehen davon aus, dass in Essen 100 Salafisten und 20 Dschihadisten leben. Stadt startet das Präventionsprogramm „Wegweiser“.
- In Essen gibt es etwa 100 Salafisten und 20 Dschihadisten, schätzen Sicherheitsbehörden
- OB Thomas Kufen: „Islamismus und Salafismus belasten das Integrationsklima auch in unserer Stadt“
- Stadt startet Anfang nächsten Jahres das Präventionsprogramm „Wegweiser“
Zuerst schwärmen sie nur vom Propheten Mohammed, dann werben sie in Fußgängerzonen für die islamische Sache, um sich schließlich von falschen Freunden radikalisieren zu lassen. An den Lebensläufen der mutmaßlichen Sikh-Tempelbomber, die seit Mittwoch in Essen vor Gericht stehen, lässt sich ablesen, wie schnell junge Muslime ihren Eltern, Freunden und Lehrern entgleiten und in den Salafismus abdriften.
Eine Strömung, die besonders in Essen immer mehr Zulauf findet. Nach Schätzungen der Sicherheitsbehörden gibt es allein hier 100 Muslime, die sich zum Salafismus bekennen.
Behörden gehen von 100 Salafisten in Essen aus
Weitaus alarmierender ist jedoch die Zahl jener Essener, die von den Behörden als Dschihadisten eingestuft werden. Nach Informationen dieser Zeitung soll es in Essen aktuell 20 solcher Dschihadisten geben: fanatische Gläubige also, die zum bewaffneten Kampf für den Islam bereit sind – auch hierzulande.
Dazu passt: Immer häufiger gehen bei der Essener Polizei Hinweise auf mutmaßliche salafistische Aktivitäten hin. Solche Meldungen kommen auch aus Flüchtlingsunterkünften, oft sind die Tipps anonym.
Gemäßigter Moscheeverein warnt
Um heranwachsende Muslime vor radikalislamischen Anwerbern in den Moscheen zu schützen und ein Abgleiten in die salafistische Szene zu verhindern, geht Essen zu Beginn des nächsten Jahres mit dem Präventionsprogramm „Wegweiser“ an den Start.
Ein Projekt, das quasi auf den Ausstieg schon vor dem Einstieg setzt. Gefördert wird „Wegweiser“ vom Land NRW, die Federführung liegt bei der Stadt. Zwei Sozialarbeiter fungieren als Ansprechpartner für gefährdete junge Muslime.
„Islamismus und Salafismus belasten Integrationsklima“
„Islamismus und Salafismus belasten das Integrationsklima auch in unserer Stadt“, sagt OB Thomas Kufen, „unsere freiheitliche Gesellschaft garantiert Religionsfreiheit. Jede Form von Gewalt ist völlig inakzeptabel. Der beste Schutz ist nach wie vor die Prävention.“
Nur wenige islamische Gemeinden unterstützen Initiativen wie „Wegweiser“ so vorbehaltlos wie die Salâhu d-dîn Moschee in der II. Schnieringstraße. Deren stellvertretender Vorsitzender Alaa El-Sayed sagt: „Wer einmal im Sumpf des Salafismus steckt, der kommt nur schwer wieder heraus.“
Moscheeverein: „Radikale Szene hat enormen Zulauf“
Auch er hat beobachtet, dass die radikalislamische Szene in Essen immer mehr Zulauf hat. „Das hat enorm zugenommen.“ Das von gemäßigten Muslimen, überwiegend Libanesen, geprägte „Islamische Zentrum für das Gemeinwohl“ distanziere sich scharf von jenen Moscheegemeinden in der Stadt, die immer wieder mit salafistischen Aktivitäten in Verbindung gebracht werden.
Dabei seien die Moscheen selten der Ort, an dem Hasspredigten gehalten würden. „Die Moschee dient allenfalls als Treffpunkt und als Ort zum Kennenlernen, die eigentliche Radikalisierung findet für gewöhnlich in Privatwohnungen statt“, berichtet El-Sayed. Oft seien Pseudogelehrte unterwegs, um ihre Hassbotschaften unter die Leute zu bringen.
In der II. Schnieringstraße, das stellt der Moschee-Sprecher klar, seien Islamisten und Fanatiker unerwünscht. „Wir gehen restriktiv vor und erteilen solchen Leuten Hausverbote.“