Essen. Das künftige „Haus der Geschichte”, das auch das Stadtarchiv beherbergt, muss zunächst ohne einen seiner zentralen Bestandteile auskommen. Die geplante Dauerauststellung über die letzten 100 Jahre der Essener Stadtgeschichte wird später fertig als beabsichtigt.
Ist das schön? Ja!
Der Magazin-Anbau für das „Haus der Essener Geschichte” ist ein Glücksfall.
Der Magazin-Anbau für das „Haus der Essener Geschichte” ist ein Glücksfall. Wo, wenn nicht hier, in der ehemaligen Krupp-Stadt, passt eine rostige Fassade bestens zu einem Bau, der Stadtgeschichte aufbewahrt? Das „Goldene Buch” Essens, in das sich Prominente eintragen, heißt auch nicht „Goldenes Buch”, sondern „Stahlbuch”. Der Bau ist funktional und trotzdem ästhetisch, die Wirkung der Fassade betörend. Schade, dass sich kein Fußgänger hierher verirrt.
Erst im Lauf des kommenden Jahres soll es so weit sein. Das „Haus der Geschichte” will hingegen schon Ende des Jahres den Betrieb aufnehmen. Das erklärte der Leiter des Stadtarchivs, Dr. Klaus Wisotzky, auf Anfrage.
Kuratorin warf das Handtuch
Die vor einem Jahr engagierte Kuratorin, die Historikerin Ulrike Laufer, hatte in den Sommerferien das Handtuch geworfen. Jetzt übernehmen Wisotzky selbst und seine Mitarbeiter die restliche Konzeption der Schau, die die Entwicklung der Stadt Essen zur Großstadt dokumentieren soll, Schwerpunkt: Nazizeit.
"Qualität nicht wie gewohnt"
„Als ich einsah, dass ich nicht die Qualität abliefern kann, die ich gewohnt bin, habe ich mein Ausscheiden beschlossen”, sagte Ulrike Laufer der WAZ. Die Freiberuflerin hatte zuvor unter anderem Schauen im Deutschen Historischen Museum (Berlin) und im Haus der Bayerischen Geschichte (München) konzipiert sowie Arbeiten über Zollverein und den Duisburger Binnenhafen verfasst.
Vor allem die Zusammenarbeit mit einem Gestaltungsbüro, das für die Aufbereitung der Schautafeln verantwortlich ist, habe sich nach Angaben Laufers als „äußerst schwierig” und am Ende als unmöglich erwiesen. Zudem habe die „hohe Erwartungshaltung an die Dauerausstellung die inhaltliche Auseinandersetzung erschwert”.
Das „Haus der Geschichte” wird nicht einfach nur das neue Domizil des Stadtarchivs, das von 1962 bis zuletzt im Rabbinerhaus beheimatet war, einem Seitenflügel der Alten Synagoge.
Kosten: 6,3 Millionen Euro
Vielmehr ist ein öffentliches Zentrum zur Dokumentation der Essener Geschichte geplant. Schauplatz ist die ehemalige Luisenschule am Bismarckplatz (Südviertel/Stadtmitte). Das Gymnasium schloss 2004. Über neun Klassenräume soll sich die künftige Dauerausstellung der Essener Geschichte strecken. Ferner ziehen die Heimatkunde-Abteilung der Stadtbibliothek ein sowie der Historische Verein und die Westdeutsche Gesellschaft für Familienkunde. Gesamtprojektkosten: 6,3 Mio €.
Magazin-Gebäude mit Rost-Fassade
Ist das schön? Nein!
Mit Millionen Euro Steuergeld bewahrt man gerade Zollverein vor Rostzerfall, mit Millionen Euro fördert man eine Rostfassade fürs Archiv - wenn's nicht so teuer wäre, könnte man sich über diesen Schildbürgerstreich kaputtlachen.
Warum fällt Architekten hier nichts Besseres ein, als der hässliche Dreiklang Rost, Vergänglichkeit und Tod? Statt mit Bauschrott die Stahlstadt zu würdigen, hätte man spiegelndes Edelstahl verwenden können - der Nirosta-Erfinder hieß Krupp.
Derzeit sichtbarstes Zeichen des Baufortschritts ist die äußere Fertigstellung des Magazin-Gebäudes: Hinter der Luisenschule an der Bert-Brecht-Straße ist ein Anbau entstanden, der künftig rund zehn Regalkilometer mit alten Akten aufnimmt. Er kommt ohne Tageslicht aus, benötigt aber konstante 18 Grad Celsius Raumtemperatur und gleichbleibende Luftfeuchtigkeit. Deshalb sind in die Fassaden keine Fenster, sondern hochformatige Luken eingelassen. Die Fassade wurde mit korrodierendem Stahl verkleidet. „Die Fassade wird weiterrosten und so ihr Aussehen ändern”, erklärt der verantwortliche Architekt Frank Ahlbrecht. Eine Stahlfassade deute auf den „Tresor-Charakter” des Gebäudes hin und unterstreiche die Bedeutung Essens als frühere Stahl-Stadt. Dem Vernehmen nach hat die Fassade erste Fans: Baudezernentin Simone Raskob und Kulturhauptstadt-Organisator Oliver Scheytt sollen von einer „Sensation” gesprochen haben.