Ein neues Buch berichtet über die mittelalterliche Geschichte unserer Stadt. „Die Mittelalterforschung steht noch am Anfang”.

Bochum im Mittelalter ... Doch, doch, richtig gelesen. Bochum ist zwar mit der Industrialisierung zur Großstadt geworden, aber eine Stadt war die Gemeinde am Hellweg schon länger. Seit 1321, so wurde es uns immer vermittelt, als der Graf Engelbert den Bochumer eben dieses Stadtrecht verlieh. Aber stimmt das auch? Stefan Pätzold ist Wissenschaftler im Zentrum für Stadtgeschichte. Er sagt: „Das Datum 1321 ist wichtig für Bochum. Allerdings müssen wir uns den Prozess der Stadtwerdung als Entwicklung vorstellen, die vom Ende des 13. bis ins frühe 15. Jhdt. reicht. Die Gründung Bochums kann man, streng genommen, nicht auf einen Tag fixieren.”

Überraschende Einsichten

Solche überraschende Einsichten finden sich in dem von Pätzold herausgegebenen Band „Bochum, der Hellwegraum und die Grafschaft Mark im Mittelalter”, der jetzt im Verlag für Regionalgeschichte erschienen ist. Wobei der Mittelalter-Experte betont, dass es sich um einen „Sammelband” handelt, keineswegs um eine Gesamtedarstellung. „Wir stehen, was die Mittelalterforschung in Bochums angeht, noch ganz am Anfang”, so der Historiker.

Quellelage ist eher mager

Das hat viele Gründe. Zum einen ist die Quellenlage eher mager. Dann fehlt(e) es an systematischen archäologischen Grabungen; es gibt kaum greifbarer Zeugnisse aus jenen fernen Zeiten, die wiederum Auskunft geben könnten über Lebensweisen oder Berufsbilder . So ist allein das „Werdener Urbar” eine sichere Quelle Bochumer Wissens; jenes Buch aus dem Kloster Werden, in dem um 860 ein „Altenbochum” erwähnt wird, was impliziert, dass es schon ein „neues Bochum” gegeben haben muss. Tatsächlich, so Pätzold, ist das heutige Altenbochum die eigentlich Keimzelle der Stadt, und nicht - wie immer angenommen wird - die Gegend des alten Geberviertels rund um die Propstei. Gleichwohl findet man hier, in der nach dem Stadtbrand 1547 errichteten St.-Peter-und-Paul-Kirche, tatsächlich das älteste greifbare Stück mittelalterlicher Bochumer Geschichte: den Taufstein, geschaffen 1175.

Aber auch das ist wiederum nur eine relative Altersbeschreibung, denn „Bochum im Mittelalter” beschäftigt sich mit dem gesamten heutigen Bochumer Stadtgebiet, also auch z.B. mit Wattenscheid und Stiepel, wo ebenso alte und noch ältere Zeugnisse nachweisbar sind.

Das Buch ist ein „dicker Brocken”, was die Erforschung und Deutung der verschiedensten Quellen und Verweise angeht. Aber es ist gut lesbar, auch für den historisch-wissenschaftlichen Laien. In acht Kapiteln beleuchtet der Band verschiedene Aspekte; etwa „Essen - Bochum - Dortmund: mittelalterliche Städte am Hellweg im Vergleich”, „Wattenscheids Geschichte im Mittelalter” oder auch „Möglichkeiten weiblicher Existenz im mittelalterlichen Bochum”.

Schemenhaftes Bild

So formt sich aus unzähligen historischen Splittern ein schemenhaftes Bild Bochumer Mittelalterlichen Lebens. Es wird nachfolgenden Historiker-Generation sein, die Grundlagen-Arbeit fortzuführen und anhand neuer Einsichten und Quellen zeitgemäß zu deuten.

Spannend ist das allemal. Zumal für den Leser.

  • Stefan Pätzold (Hg.): „Bochum, der Hellwegraum und die Grafschaft Mark im Mittelalter” ist als Band 2 der Schriften des Bochumer Zentrums für Stadtgeschichte im Verlag für Regionalgeschichte, Bielefeld, erschienen (19 Euro im Buchhandel).