Essen. . Vier Kunden der Deutschen Bank in Essen haben sich nicht um einen alten Mann (82) gekümmert, der offensichtlich in großer Not war. Stattdessen erledigten sie ihre Geldgeschäfte, stiegen mitunter sogar über den sterbenden Rentner hinweg.

  • Vier Bankkunden ignorierten einen am Boden liegenden 82-Jährigen im Vorraum einer Bank-Filiale
  • Der Rentner starb wenige Tage nach dem medizinischen Notfall
  • Die Polizei ermittelt nun wegen unterlassener Hilfeleistung

Die Polizei Essen berichtet von einem erschütternden Todesfall mitten in Borbeck: Dort ignorierten vier Bankkunden nacheinander einen am Boden liegenden Mann im Vorraum einer "Deutsche Bank"-Filiale – einige stiegen über den 82-Jährigen sogar noch hinweg. Dem Rentner wurde so erst nach mehr als 20 Minuten geholfen. Wenige Tage später verstarb der Essener.

Zum „Schutz der Angehörigen“ verzichtet Polizeisprecher Christoph Wickhorst bei diesem schockierenden Fall unterlassener Hilfeleistung auf die Veröffentlichung von Details: Dennoch dürfe „das Geschehene nicht verschwiegen werden“.

Überwachungskamera filmte unterlassene Hilfeleistung

Mitten im Schalteraum der Deutschen Bank, zwischen den Geldautomaten, war der 82-Jährige zusammengebrochen.
Mitten im Schalteraum der Deutschen Bank, zwischen den Geldautomaten, war der 82-Jährige zusammengebrochen. © Polizei Essen

Am Nachmittag eines Feiertages Anfang Oktober wollte der 82-Jährige im Vorraum der Deutschen Bank an der Marktstraße 37 am Kundenterminal Geld überweisen. „Dabei geriet er in eine medizinische Notfallsituation, die später zu seinem Tod führte“, sagt Polizeisprecher Wickhorst. Der Mann fiel zu Boden und blieb mitten im Vorraum liegen.

Vier weitere Kunden der Bank halfen dem am Boden liegenden Mann nicht, „obwohl er offensichtlich in einer ernsten Notlage war“, erklärt Wickhorst. „Ich weiß nicht, welchen Eindruck diese vier Zeugen hatten, aber der Mann hat sich noch bewegt.“

20 Minuten vom Zusammenbruch bis zum Notruf

Das ist auf den Videoaufnahmen der Bank zu sehen, die den Ermittlern vorliegen. Vier Personen – darunter Männer und Frauen unterschiedlichen Alters – ignorierten den hilflosen Mann neben sich, erledigten stattdessen sogar noch ihre Geldgeschäfte.

Die Filiale der Deutschen Bank an der Marktstraße in Essen-Borbeck.
Die Filiale der Deutschen Bank an der Marktstraße in Essen-Borbeck.

Der Notruf eines weiteren Bankkunden ging erst spät ein: Polizei und Rettungsdienst kümmerten sich um den 82-Jährigen und brachten ihn in ein Krankenhaus. Zu spät: Das Bewusstsein erlangte er nicht mehr wieder. Wenige Tage später verstarb er.

Zwischen dem Zusammenbruch des Mannes und dem Notruf lagen nach Angaben der Polizei etwa 20 Minuten, der Rettungsdienst der Feuerwehr sei danach "binnen kürzester Zeit" in der Bank-Filiale gewesen.

Ermittler werden gesuchte Bankkunden identifizieren können

Das Kriminalkommissariat 11 ermittelt wegen unterlassener Hilfeleistung gegen vier Personen. Diese wird es mit Hilfe des Geldinstitutes identifizieren können, so Wickhorst. Er hofft, dass sich die Gesuchten nach der Veröffentlichung des Falls möglicherweise selbst stellen, bevor sie ermittelt werden. Zeugen sucht die Polizei Essen nicht mehr.

Die Aufnahme zeigt, wie eine Person über den am Boden liegenden Mann hinweg steigt. Das Videomaterial der Deutschen Bank wird bei der Identifizierung der vier Gesuchten helfen.
Die Aufnahme zeigt, wie eine Person über den am Boden liegenden Mann hinweg steigt. Das Videomaterial der Deutschen Bank wird bei der Identifizierung der vier Gesuchten helfen. © Polizei Essen

Was den vier gesuchten Bankkunden wegen unterlassener Hilfeleistung droht? Laut Strafgesetzbuch ist eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr möglich. Im Paragraphen 323c steht:

Bis zu ein Jahr Freiheitsstrafe für unterlassene Hilfeleistung

"Wer bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr oder Not nicht Hilfe leistet, obwohl dies erforderlich und ihm den Umständen nach zuzumuten, insbesondere ohne erhebliche eigene Gefahr und ohne Verletzung anderer wichtiger Pflichten möglich ist, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft."

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In Gefahr jedenfalls hätte sich am Bankschalter in Borbeck keiner der Zeugen begeben müssen, um dem Mann zu helfen. Beschuldigten muss zudem Vorsatz nachgewiesen werden. Auch das scheint wegen der Videoaufnahmen zumindest nicht ausgeschlossen.

"Wählen Sie 110 oder 112 und retten Sie das Leben Ihrer Mitmenschen“

Für Polizei und Rettungsdienste ist der Todesfall ein trauriger Anlass für einen eindringlichen Appell: „Schauen Sie hin! Bei hilflosen Menschen könnte es sich um ihre eigenen Verwandten handeln. Wählen Sie 110 oder 112 und retten Sie das Leben Ihrer Mitmenschen.“