Essen. Die neue Schließungswelle im Bistum bedroht nun auch die stadtbildprägenden katholischen Kirchen in Essen. Es drohen herbe Verluste im Stadtbild.
Die Bindekraft der Kirchen lässt in der Breite dramatisch nach, das weiß niemand besser als der Ruhrbischof selbst. Mit seinem berühmten Wort vom „Ende der Volkskirche“ hat Franz-Josef Overbeck die Lage schonungslos benannt. Wer heute liest, dass die Gemeinde St. Joseph in Katernberg in den 1920er Jahren wegen der vielen katholischen Bergleute zu den mitgliederstärksten in Deutschland zählte, kann den Wandel ermessen, der im Essener Norden wohl noch krasser spürbar ist als im Süden. Vor dem Hintergrund leerer Kirchen klingt es daher zunächst verständlich, wenn Overbeck – einmal mehr schonungslos – ankündigt, man werde „künftig weniger in Steine, sondern mehr in Menschen investieren“.
Auch viele unter uns, die religiös eher unmusikalisch sind, wird ein solcher Satz nicht kalt lassen, sobald die Folgen deutlich werden. Denn damit verbunden ist eine massive Veränderung des Stadtbildes – nicht morgen oder übermorgen, doch im Lauf der nächsten Jahre. Wurden bislang meist eher kleinere Sakralgebäude geschlossen, umgenutzt oder gar abgerissen, so geraten nun auch die großen, stadtbildprägenden Gotteshäuser auf die Streichlisten.
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Das Zentrum von Stoppenberg ohne die schöne Kirche St. Nikolaus – mir persönlich fehlt da das Vorstellungsvermögen. Auch der „Katernberger Dom“ hat eine architektonische Kraft, die die Umgebung prägt. Und in Schönebeck mag die Kirche nicht mehr in den Herzen aller Bürger verwurzelt sein, ist aber optisch doch im „Dorf“ unbestrittener Mittelpunkt.
Durchaus geht es bei diesen und anderen Kirchen nicht nur um „Steine“. Selbst wer irgendwann seinen Austritt erklärte, hat ja damit seine christliche Sozialisation, sein Menschenbild nicht mit verworfen. Die Kirche als Gebäude symbolisiert eine Sicherheit und Beständigkeit des Lebens, deren Verlust so viele Menschen heute ängstigt. „Die Kirche im Dorf lassen“ – das war mal ein milder Spott, als sie dort wirklich unverrückbar stand. Aber die Zeiten haben sich geändert.
Nun gibt es gute Beispiele, Sakralgebäude intelligent und würdig umzunutzen und wenigstens in ihrer äußeren Form zu erhalten. Bei den Großkirchen dürfte das allerdings bautechnisch nicht einfach sein, zumal sie oft 100 Jahre und mehr auf dem Buckel haben und im Kern sanierungsbedürftig sind.
Die katholische Kirche kann nicht alle Gotteshäuser erhalten, das ist unstrittig. Sie sollte aber die „Steine“ nicht derart abqualifizieren. Kirche wird kaum an Bindekraft gewinnen, wenn sie im Stadtbild zunehmend unsichtbar ist und kühl ihre architektonischen Schätze verrät.