Essen. . Dachdecker können kein Styropor mehr entsorgen. Denn der Dämmstoff gilt jetzt als gefährlicher Abfall. Die Unternehmen bangen um ihre Existenz.
- Das Dämmmaterial Styropor gilt seit 1. Oktober als gefährlicher Abfall
- Entsorgungsfirmen wie die EBE nehmen die alten Platten seither nicht mehr entgegen
- Mancherorts stehen Baustellen still, weil niemand weiß, wohin damit
Dachdeckermeister Frank Droste treibt im Moment nur eine Frage um: Wohin mit dem Styropor? Auf dem Hof seines Dachdeckerbetriebs „Homeier Bedachungen“ in Borbeck stapelt sich das Dämmmaterial aus alten Dächern containerweise. Denn Droste bekommt das Styropor nicht los.
Bis Ende September war die Antwort einfach. Die Platten wurden als Bau-Mischabfall verbrannt. Doch seit 1. Oktober ist das Styropor als gefährlicher Abfall eingestuft. Diese Änderung hatte der Bundesrat beschlossen, allerdings wohl ohne zu ahnen, was das für Folgen haben wird. Nicht nur für Dachdecker. Auch für Hausbesitzer könnten Sanierungen nämlich künftig teuer werden.
Droste versteht die Welt nicht mehr. Dass die Änderung kommt, war zwar seit Frühjahr bekannt. „Es gab aber keine Signale, dass ab 1. Oktober der Markt kollabieren würde.“ Er berichtet von Baustellen, die deshalb jetzt stillstehen.
Hausbesitzer zahlen mehr
Auch er hat Bauvorhaben ausgesetzt. Denn außer dem Problem, dass Droste das Styropor derzeit nicht loswird, fürchtet nun jeder, dass die Preise für die Entsorgung explodieren. Es kursieren Gerüchte, dass die Tonne bis zu 7000 Euro kosten könnte und somit 30 bis 35 Mal so viel wie für Mischmüll. Die Kalkulation für bestehende Aufträge ist damit futsch. Baustellen drohen im Preis aus dem Ruder zu laufen. Neue Aufträge anzunehmen, ist wegen der offenen Preisfrage nicht möglich. „Wenn das noch länger so weiter geht, muss ich Kurzarbeit anmelden“, sagt Droste.
Vor allem Dachdecker kämpfen mit dem Problem, aber auch Maler und Fassadenbauer. Beim städtischen Entsorgungsbetrieb EBE kennt man die Nöte. „Das ist eine unbefriedigende Situation auch für uns. Denn auch wir werden das Styropor nicht los, müssten es containerweise auf Halde legen“, sagt die Sprecherin der EBE. Der Entsorgungsbetrieb hat die Annahme deshalb gestoppt. „Wir hoffen, in den kommenden vier Wochen eine Lösung zu haben. So kann es nicht weitergehen“, heißt es.
Vier Wochen – so viel Zeit wäre für viele Handwerksbetriebe eine Katastrophe. Sie drängen auf eine schnelle Lösung. „Die Unternehmen müssen wissen: Wann bekommen sie den Müll los und zu welchen Kosten“, betont Wolfgang Dapprich, Hauptgeschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Essen.
Eine Antwort erhoffen sich die Beteiligten vom NRW-Umweltministerium. Schließlich haben die Länder die Neueinstufung verzapft. Im Ministerium hat man allerdings offenbar noch nicht verstanden, woran es im Moment hakt. Denn generell dürften 13 der 16 Müllverbrennungsanlagen in NRW das HBCD-haltige Styropor verbrennen, betonte eine Sprecherin. Auch Karnap gehört dazu.
Gesprächsrunden mit Entsorgungswirtschaft und Handwerk
In dieser Woche soll es nun zwei Gesprächsrunden mit der Entsorgungswirtschaft und dem Handwerk geben, um Fragen zu klären. „Wir haben das Problem erkannt und wollen es lösen“, so das Ministerium.
Offenbar handelt es sich um ein Problem zwischen Entsorgern und Müllverbrennungsanlagen. Denn obwohl der von RWE betriebene Müllofen in Karnap das Styropor verbrennen darf, liefert die EBE nichts. Eine RWE-Sprecherin sagte dazu lediglich: „Wir stehen mit der EBE in Vertragsverhandlungen über Preise und Mengen.“
Klar ist: Die Verbrennung von Styropor stellt die Verbrennungsanlagen vor Probleme. Das Material muss zwar getrennt angeliefert werden, kann aber wegen des hohen Heizwertes nicht allein verbrannt werden und muss vermischt werden. Damit sind die Mengen begrenzt. Drostes Geduld auch.