Essen. . Zuwanderer mit Duldungsstatus posteten bei Facebook Hasskommentare gegen Mitarbeiter der Essener Ausländerbehörde. Staatsanwaltschaft reagiert auf Kritik und prüft den Fall erneut.
- Justizbehörde reagiert auf massive Kritik durch OB Thomas Kufen und die Ratsfraktionen
- Oberstaatsanwältin kündigt eine ergebnisoffene Prüfung derangezeigten Facebook-Beleidigungen an
- Personalratschef im Rathaus klagt ebenfalls über Werteverfall und Respektlosigkeit
Die hässlichen Pöbeleien gegen Stadtbedienstete und die abgewiesene Beleidigungs-Anzeige sorgt weiter für Unmut. Nach der heftigen Justizschelte des Oberbürgermeisters hat die Staatsanwaltschaft Essen jetzt reagiert. „Wir werden den Fall noch einmal prüfen“, sagte die Sprecherin der Staatsanwaltschaft, Anette Milk, dieser Zeitung.
Drei Mitarbeiter der Essener Ausländerbehörde sind bei Facebook auf besonders vulgäre Weise („Arschloch“ „Hurensohn“, „Fi...“) beschimpft und beleidigt worden. Zu den Urhebern macht die Stadt keine präzisen Angaben. Es handele sich um die zweite oder dritte Generation von Zuwanderern mit Duldungsstatus, im Behördenjargon „Ungeklärte“.
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Die abermalige Prüfung der Beleidigungsanzeige sei „ergebnisoffen“ und werde einige Zeit in Anspruch nehmen, so Oberstaatsanwältin Anette Milk. Sie schließt nicht aus, dass die Entscheidung revidiert werden könnte.
Oberbürgermeister und Parteien übten Kritik
Die Justizbehörde hatte die Strafanzeige mit der Begründung abgewiesen, es liege kein öffentliches Interesse vor. Nahegelegt wurde den Beleidigten eine Privatklage. Eine Empfehlung, die ihren obersten Dienstherrn, OB Thomas Kufen, „wütend“ macht, zumal sich die Hasstiraden gegen Amts- und nicht gegen Privatpersonen gerichtet hätten. Seinem Tadel schlossen sich die Fraktionen von SPD, CDU und FDP an. Auch Personalratschef Kai-Uwe Gaida ist daran gelegen, dass die Staatsanwaltschaft die Strafanzeige weiter verfolge. Dass Kollegen sogar mit Schimpfworten begrüßt würden, sei längst die Regel. „Es gibt Kundengruppen, die keine Hemmungen mehr kennen“, berichtet Gaida.
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Eine Besorgnis erregende Entwicklung, von der auch Politessen und Busfahrer, Rettungssanitäter und Polizisten betroffen sind. „Die Respektlosigkeit nimmt leider zu, der Werteverfall geschieht auf breiter Front“, klagt Polizeisprecher Peter Elke. Die Zahl der Strafanzeigen wegen Beleidigung sei spürbar gestiegen. In Fällen massiver Beamtenbeleidigung schließe sich der Polizeipräsident den Strafanzeigen seiner Mitarbeiter an, die dann in der Regel mit Strafen oder Verurteilungen endeten.
Zunehmenden gesellschaftliche Verrohung
In einer Zuschrift an die Redaktion ärgert sich auch der pensionierte Polizeisprecher Uwe Klein über Werteverfall und Respektlosigkeit. „Durch derartige Entscheidungen einer Justizbehörde kein Wunder. Sie ist Wasser auf die Mühlen von Menschen, die ihren Hass ungestraft in die Welt prusten.“ Landesjustizminister Thomas Kutschaty, der am Montag eine Verstärkung der Staatsanwaltschaft angekündigt hatte, legt Klein nahe, „erst einmal im Kleinen anzufangen und an der Denkweise dieser Staatsanwältin/dieses Staatsanwaltes zu arbeiten“.
Angesichts der zunehmenden gesellschaftlichen Verrohung bewundert Kai-Uwe Gaida, Personalratschef, die Fähigkeit der Mitarbeiter, in brenzligen Situationen zu deeskalieren. „Diese Nervenstärke hätte ich nicht“, räumt der Gewerkschafter ein.