Essen. . Stadt will weitere Neubauvorhaben und einen Großteil der bestehenden Übergangswohnheime aufgeben. Alle Zeltcamps sind bis November leergezogen.
- Sozialverwaltung stellt zum dritten Mal binnen gut drei Wochen neues Standort-Konzept für Asylheime vor
- Stadt stutzt vor allem Neubau-Standorte: Nur sieben von einst 17 werden noch weiterverfolgt
- Von 25 Übergangswohnheimen oder Behelfsunterkünften bleiben bis Ende 2017 nur fünf übrig
Die Essener Achterbahnfahrt in Sachen Asyl geht weiter, jetzt aber rollt der Zug rückwärts: Stand die Stadt vor einem Jahr noch unter einem immensen Druck, auf die Schnelle tausende Flüchtlinge unterbringen zu müssen, kommt man nun kaum hinterher, die in der Folge eingestielten Pläne für neue Unterkünfte wieder einzukassieren.
Und so legte die Sozialverwaltung am Freitag zum dritten Mal binnen gut drei Wochen ein neues Standort-Konzept für Asylheime vor, wobei jedes einen Schritt weiter ging als das vorherige. Die aktuellste Version, die einem Arbeitskreis der Ratsfraktionen präsentiert wurde, schraubt die Zahl der bereitgehaltenen Asylplätze bis Ende kommenden Jahres von ehedem 9000 auf nur noch 4240 herunter – ein Minus von sage und schreibe 53 Prozent.
Neubauprojekte: Nur sieben von einst 17 werden weiterverfolgt
Da bei den acht zur Flüchtlings-Unterbringung angemieteten Gewerbeobjekten mit insgesamt knapp 2100 Plätzen bereits alle Verträge für 10, ja, mitunter sogar 15 Jahren unter Dach und Fach sind, stutzt die Stadt reihenweise vor allem Neubau-Standorte: Nur 7 von einst 17 ins Auge gefassten Projekten werden noch weiterverfolgt, und auch diese wohl nur, weil die Bauarbeiten hier größtenteils schon weit gediehen sind.
Von den 25 bereits bestehenden Übergangswohnheimen oder Behelfsunterkünften bleiben bis Ende 2017 nur fünf übrig. Manche sollen Kita-Neubauten Platz machen, andernorts ist Wohnungsbau vorgesehen, und einige ehemalige Schulstandorte werden wieder zum Leben erweckt.
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Wie entspannt sich die Lage dort zeigt, wo gestern noch allerorten von der „Flüchtlingskrise“ die Rede war, zeigt sich auch an einem anderen Umstand: Der Rückzug aus Hotels, Bildungshäusern und von manchem heruntergekommenen Altstandort wird möglich, obwohl die Stadt sich von dem Plan verabschiedet hat, den Opti-Gewerbepark zur Flüchtlings-Unterbringung zu nutzen. Auf den horrenden Mietkosten des dort vor einigen Monaten geräumten Asyls bleibt das Land nun selbst sitzen.
Auch Stadt Essen muss für leer stehende Kapazitäten zahlen
Aber auch die Stadt kommt wohl nicht umhin, zumindest einige Monate lang so manchen Euro für leerstehende Kapazitäten zu berappen. So wird mit dem Standort Bonifaciusstraße in Kray das letzte der umstrittenen Zeltcamps bereits Mitte November geräumt – obwohl die Mietverträge etwa an der Vaeste-, der Hamburger und der Levin-straße noch bis ins nächste Frühjahr laufen. Sei’s drum: Da der Betrieb der fliegenden Bauten arg teuer kommt, lohnt es sich fürs Stadtsäckel offenbar, die Bewohner vorzeitig auf feste Bauten zu verteilen.
Wenn die Politik das überarbeitete Konzept der Sozialverwaltung am Mittwoch im Rat absegnet, ist die Beschlussformel sorgsam gewählt: Die Neubauten für die Zuwanderer, so heißt es da, würden „bis auf weiteres zurückgestellt“. Will sagen: Sollte die Asyl-Achterbahn wieder Fahrt aufnehmen und die Zahlen steigen, könnte die städtische Grundstücksverwaltung GVE mit einer Vorlaufzeit von sechs bis neun Monaten die alten Pläne erneut verfolgen.
Daran aber glaubt zumindest derzeit niemand: Am Stichtag 21. September lebten nur noch 4105 Flüchtlinge in städtischen Heimen. Tendenz fallend. Und das hat Folgen.