Essen. . Mit dem Kontaktmagazin legte Horst Peter den Grundstein für ein blühendes Erotik-Geschäft. Jetzt ist Insolvenz beantragt worden.
- Mit dem Kontaktmagazin „Happy Weekend“ legte Horst Peter den Grundstein für sein Erotik-Imperium
- Anfang September ist für sechs Gesellschaften Insolvenz beantragt worden
- Die Billig-Konkurrenz durch Gratis-Pornos im Internet war wohl zu stark
Die Münchener Straße 63 – ein schmuckloser Büroriegel aus den siebziger Jahren mitten im Gewerbegebiet. Nichts deutet darauf hin, dass sich Pornostars wie Gina Wild, Vivian Schmitt und Lena Nitro hier einst die Klinke in die Hand gaben. Vom grellen Glanz jener Tage ist nicht mehr viel übrig geblieben. Das legendäre Sex-Imperium des Esseners Horst F. Peter ist pleite. Der Insolvenzantrag ist schon am 6. September beim Amtsgericht Essen gestellt worden, das Sagen in den sechs unter dem Dach der „Silwa“-Gruppe gebündelten Firmen hat jetzt der Kölner Insolvenzverwalter Klaus Siemon.
Der Silwa-Konkurs markiert das unspektakuläre und geräuschlose Ende einer goldenen Epoche. Einer, in der Horst F. Peter mit innovativen Geschäftsideen wie Erotik-Postillen und Pornographie-Videos, DVDs und 0190er-Nummern Millionen verdiente. Doch irgendwann hat der Branchenriese den Anschluss verpasst, das Geschäft mit den nackten Tatsachen brummt längst im Internet – und zwar gratis.
Startauflage: 10.000 Exemplare
Wir schreiben das Jahr 1972, damals gründen Horst und Sylvia Peter in Essen das legendäre Sex-Kontaktmagazin „Happy Weekend“, lange Zeit Pflichtlektüre in deutschen Kasernen und fortan publizistisches Flaggschiff des rasch wachsenden Medienunternehmens. Was sich heute problemlos per Mausklick auf dem Monitor aufbaut, kollidiert damals mit dem von Prüderie geprägten Strafgesetzbuch. Weil Pornographie noch nicht freigegeben ist, werden die frisch gedruckten Magazine über die Grenze hinweg in die Niederlande gekarrt, um sie von dort per Post an die sehnsüchtig wartenden Abonnenten in der Bundesrepublik verschicken zu können. Die Startauflage liegt bei 10.000 Exemplaren. „Und nach der Nummer zwölf habe ich gedacht: Ich bin pleite“, vertraut Peter in einem seiner seltenen Interviews vor fünf Jahren dieser Zeitung an.
Doch dann sollte es steil bergauf gehen. Keine Bahnhofsbuchhandlung und Tankstelle mehr zwischen Flensburg und Bodensee, in der das „Happy Weekend“ nicht unter der Ladentheke an Volljährige verkauft wird. Für den Macher bleibt es stets „sein Schätzchen“. Es erreicht eine Rekordauflage von 90.000 Exemplaren und Ende der neunziger Jahre, so heißt es, zieht die Buchhaltung bei ihren treuen Abonnenten jede Woche 150.000 D-Mark ein.
Der Erotik-Markt boomt – und Peter expandiert. Ständig schlüpfen neue Firmen unters Silwa-Dach. Zuletzt sind es sechs Gesellschaften: die Videorama GmbH, die Elfra Filmproduktions- und Verlagsgesellschaft, Profima, das SVK-Video-Kopierwerk, die Silwa Filmvertrieb GmbH und E.A.T. Medien. „Für alle sechs Firmen wurde Insolvenzantrag gestellt“, sagt Siemon.
„Uli, ich mach’s nicht“
Langjährige Mitarbeiter erinnern sich gern an die Goldene Ära. „Damals fuhr das Kopierwerk drei Schichten, die Belegschaft arbeitete rund um die Uhr“, heißt es. Der Niedergang lässt sich auch an der Zahl der Beschäftigten festmachen. Von ehedem 270 Mitarbeitern sind nur noch 16 übrig geblieben.
Als Insolvenzverwalter Siemon und seine Kollegen in der Münchener Straße die Akten der Finanzbuchhaltung unter die Lupe nehmen, fällt ihr Blick auch auf die imposante „Venus“-Sammlung. Der „Venus Award“ ist eine Art Oscar der Erotikbranche und ständig räumen die Essener ab. Beste Darstellerin, bester Regisseur – „Videorama“ ist stets dabei. Im Flur steht ein abgehängtes Großformat-Foto, das Videorama-Star Vivian Schmitt („Beste Nachwuchsdarstellerin 2004“) auf dem roten Teppich in Berlin im Blitzlichtgewitter zeigt. Und Porno-Legende Gina Wild („Jetzt wird es schmutzig“) habe ihren Durchbruch dem „Happy Weekend“ und dem legendären Videorama-Produzenten Harry S. Morgan (Michael Schey), einem gebürtigen Essener, zu verdanken.
Möglicherweise hätten die Essener den schleichenden Tod abwenden können, wenn die Fusion mit der „Beate Uhse AG“ geklappt hätte. „50 Millionen plus eine Beteiligung wollten sie mir geben“, sagte Peter 2011. Doch in der Nacht vor der Vertragsunterzeichnung habe er Beate Uhses Sohn Uli Rotermund angerufen und ihm offenbart: „Uli, ich mach’s nicht.“
Wie es jetzt mit den 16 verbliebenen Beschäftigten an der Münchener Straße weitergeht, ist noch nicht geklärt. Der Insolvenzverwalter sucht einen Investor. Horst Peter habe Mittwoch ein Treffen mit dem Insolvenzverwalter gehabt – und sei dann nach Spanien geflogen. Er besitzt eine Finca auf Mallorca.