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Einer der größten Porno-Produzenten Deutschlands residiert hinter einer gediegenen blauen Fassade im Gewerbegebiet Schederhofstraße. Horst F. Peter (70) erfand 1972 das Sexmagazin „Happy Weekend“ und machte Millionen mit Pornostreifen unter den Marken „Silwa“ und „Videorama“. Doch inzwischen haben ihm die Gratis-Pornos aus dem Internet das Geschäft versaut.

Der Mann hat zwei Gesichter. Hier der Macher harter Pornos, dort der seit 40 Jahren verheiratete Chef, den Mitarbeiter als fürsorglich schätzen. Legende ist seine Zurückhaltung. Während seine 2001 verstorbene Kollegin Beate Uhse sich vor jede verfügbare Kamera stellte, gab Peter sein letztes Interview 1977. Nächste Woche bringt er die 1000. Ausgabe seines „Happy Weekend“ heraus - und ließ sich zu einem Interview überreden.

Im Ton gibt Horst Peter sich aufgeräumt, in der Sache bescheiden bis scheu. „Das interessiert doch heute keinen mehr“, sagt er immer wieder. Oder: „Das wollen Ihre Leser bestimmt nicht wissen.“ Doch so langsam wird er warm und kommt ins Erzählen, wie das damals alles angefangen hat.

Idee kam aus Skandinavien

Peter, studierter Ingenieur, merkte beim Betreiben eines Buchladens auf der Rüttenscheider Straße, wie viel Umsatz sich mit der „Bückware“ machen ließ, die nur unter dem Ladentisch verkauft werden durfte. Aus Skandinavien importierte er die Sexpostille „Weekend Sex“. Als deren Verleger sich mit dem leitenden Redakteur nach alkoholischen Exzessen überwarf, warb Peter den Schreiber ab. Das war die Geburtsstunde des „Happy Weekend“, Jahrzehnte Pflichtlektüre in jeder Bundeswehr-Kaserne.

Der Pornographie-Paragraf war hart damals, das Sittendezernat und der Zoll waren Stammgäste im ersten Firmensitz an der Brunnenstraße. Die Startauflage lag bei 10 000 Exemplaren. „Und nach der Nummer 12 habe ich gedacht: Ich bin pleite.“ Mit Angeboten an seine Großhändler im Stil von „Kauf eins, nimm eins geschenkt“ trieb er die Auflage immer höher. Zur besten Zeit, 1997, verkaufte Peter von jeder Ausgabe 90 000 Hefte in Bahnhöfen und Sex-Shops.

1975 wird das Pornografieverbot gelockert. Horst Peter findet es an der Zeit, ins Filmgeschäft einzusteigen. Er kauft Silwa und dreht Filme mit dem „King Of Porn“ Lasse Braun, eigentlich als Alberto Ferro Sohn eines italienischen Diplomaten, studierter Jurist. Ferros Pornokarriere hatte damit begonnen, dass er in Papas Diplomatenautos Sexmagazine nach Italien schmuggelte.

Als Horst Peter ihn trifft, ist Ferro/Braun schon ein Star. Sein erster Porno in Spielfilmlänge „French Blue“ hat es 1974 bis zum Filmfestival in Cannes geschafft. Bis heute ist Peter stolz darauf, „dass wir den ersten Pornofilm im Format Super 8 in Farbe gedreht haben“. Silwa-Spitzentitel bringt Peter damals mit bis zu 30.000 Kopien in Umlauf. Der Videorecorder erschließt Peter neue Märkte. 1982 kauft er das Label „Videorama“, die Expansion geht weiter.

Einmal in Fahrt, findet Peter im Erzählen kaum ein Ende: „Der Mann sollte ein Buch schreiben“, sagt sein Medien-Mitarbeiter Thorsten Wilms.

Mit Beate Uhse an die Börse gehen

Zum Beispiel darüber, wie Beate Uhse und Peter um ein Haar fusioniert hätten. „Uhse und Silwa sollten gemeinsam an die Börse gehen“, erinnert sich Peter. „Die Idee kam von Uhses Sohn Uli Rotermund und seinem Finanzberater Richard Orthmann.“ Peter pafft am Zigarrenstumpen und blickt dem Rauch nach. „50 Millionen plus eine Beteiligung wollten sie mir geben.“

Die Sache war schon ausgehandelt, die Mitarbeiter hatten unter Tränen die Schreibtische geräumt. Doch in der Nacht vor der Vertragsunterzeichnung griff Peter zum Telefon und sagte: „Uli, ich mach’s nicht.“ Ob er das heute bereut? Wieder schaut er versonnen, dann hellt sich sein Gesicht auf. „Den Orthmann, den haben sie doch verhaftet. Habe ich gelesen.“ In der Tat konnte er der Neuen Zürcher Zeitung vom 18. August entnehmen, dass der Uhse-Großaktionär (58) am Flughafen München mit einem Haftbefehl der Staatsanwaltschaft Kiel wegen des Vorwurfes der Untreue mit Uhse-Millionenkrediten verhaftet wurde.

Hätte Peter die Entwicklung im Internet vorhergesehen, hätte er vielleicht doch verkauft. Er textet den alten Buggles-Hit um in „Internet killed the Video Star“. Der Umsatz mit Sex-Filmen und DVDs ist um mehr als die Hälfte zurück gegangen, seit im Internet Sexstreifen kostenlos zu sehen sind. Das Presswerk für DVDs hat Peter geschlossen wegen der Überkapazitäten am Markt.

„Die guten Zeiten sind vorbei“, sagt Peter. Zwei Mitarbeiter bereiten sich darauf vor, den Produzenten irgendwann abzulösen. Noch lässt der Mann nicht los. Seine Haltung strafft sich: „Aber wir sind fleißig dabei im Internet. Wir haben schon 20 Portale im Netz stehen.“ Nur: Die Verluste sind längst nicht aufgeholt.

Privat ist Horst Peter seit 40 Jahren verheiratet mit seiner Silvia, seit 15 Jahren lebt das Paar in einer Finca auf Mallorca. Alle zwei Wochen kommt Horst Peter ins Westviertel, um nach dem Geschäft zu schauen. Seine Hobbys: Männerspielzeuge. „Ich hatte eine Eisenbahn-Phase, eine Harley-Phase, eine Sportboot-Phase.“ Zuletzt spielte er Golf, zwei Stunden am Tag.

Ob seine Frau am Geschäft nichts Anstößiges findet? Im Gegenteil. Von ihr stammt der Spruch: „Ob ich nun Fisch oder Porno verkaufe, ist doch egal. Nur, Fisch stinkt.“