Essen. Für freie Termine in der Kfz-Zulassungsstelle wurden weit höhere Beträge gezahlt als bisher bekannt. Schwarzmarkt etablierte sich schon vor Wochen.
- Schwarzmarkt mit Wartemarken florierte schon vor Wochen
- Höhere Beträge für freie Termin als bisher bekannt
- Wachdienst bewacht Drucker
Der Schwarzmarkt mit Wartemarken in der Kfz-Zulassungsstelle im Globus Center in Steele hatte sich dort offenbar länger etabliert, als es der Behörde nach eigenen Angaben bekannt war. Dies berichtet ein Augenzeuge. Auch sollen für Wartemarken deutlich höhere Beträge gezahlt worden sein, als bisher bekannt. Um zu verhindern, dass der unerlaubte Handel wieder aufblüht, lässt die Stadt die Ausgabe von Terminen auf unbestimmte Zeit durch Sicherheitspersonal der städtischen RGE überwachen. Dies kündigte Ordnungsdezernent Christian Kromberg im Gespräch mit der Redaktion an.
Nach Auskunft des Einwohneramtes hatten Mitarbeiter der Zulassungsstelle erstmals vor etwa drei Wochen davon Kenntnis erhalten, dass mit Wartemarken offenbar ein schwunghafter Handel betrieben wurde; Bürger, denen eine Marke für einen freien Termin von Unbekannten zum Kauf angeboten worden war, hatten sich darüber beschwert. „Wir haben sofort reagiert“, sagt Amtsleiter André Seibert.
Wartemarken gegen Geld
Zunächst seien Mitarbeiter neben dem Drucker postiert worden, an dem die Wartemarken ausgegeben werden. Nach einer Woche seien Sicherheitskräfte der RGE hinzugezogen worden. Die städtische Tochtergesellschaft stellt dies der Stadt in Rechnung.
Einem Mitarbeiter eines privaten Kfz-Zulassungsservices, der täglich in der Zulassungsstelle ein- und ausgeht, war nach eigenen Worten bereits vor sechs bis acht Wochen erstmals aufgefallen, dass Wartemarken gegen Geld weitergegeben werden. „Anfangs war das noch nicht so akut“, erinnert sich der Mann, der namentlich nicht genannt werden möchte. Bald darauf aber hätten Kunden, die nach acht Uhr in der Zulassungsstelle erschienen seien, kaum noch eine Chance gehabt, einen freien Termin zu bekommen.
Wachdienst bleibt bis auf weiteres im Hause
Hat die Behörde zu spät reagiert? Ordnungsdezernent Kromberg verneint das, will aber nicht ausschließen, dass es „einzelne Vorfälle“ bereits gegeben habe. „Dass offenbar mit einer Systematik eine Art Geschäftsmodell betrieben wurde, ist vor drei Wochen aufgefallen.“
Nach Angaben der Stadt hatten „bestimmte Personengruppen“ stapelweise Wartemarken gezogen und sich Termine reservieren lassen, ohne dass sie selbst etwas zu erledigen gehabt hätten. Ein Fahrzeug anmelden oder einen Führerschein verlängern lassen wollten sie augenscheinlich nicht.
Nach Beobachtung des Mitarbeiters des Kfz-Servicedienstes handelte es sich um Männer aus Südosteuropa. Der Zeuge spricht von einer „Clique“. Auch seien höhere Beträge gezahlt worden als 15 Euro, von denen eine Leserin berichtet hatte. „Da sind auch 50 Euro über den Tisch gegangen.“
Längst nicht jeder ging auf ein solches Angebot ein. Kunden, die im Aufzug von den Unbekannten angesprochen worden waren, hätten Mitarbeiter durch lautes Rufen darauf aufmerksam gemacht. Die Schwarzhändler seien des Hauses verwiesen worden.
Die Polizei wurde hingegen nicht hinzugezogen. Ordnungsdezernent Kromberg wirft im Gespräch mit der Redaktion selbst die Frage auf, ob ein Straftatbestand vorliege – und findet darauf keine befriedigende Antwort.
Anlass, die Öffentlichkeit früher zu informieren, sah der Ordnungsdezernent nach eigenen Worten nicht. Der Handel sei schließlich umgehend unterbunden worden. „Wir haben unsere Pflicht getan.“
Wie die Behörde und der Augenzeuge übereinstimmend berichten, hat sich die Terminvergabe wieder normalisiert, seitdem Mitarbeiter die morgendliche Ausgabe kontrollieren und Bürger nach ihrem Anliegen befragen. Name und Kfz-Kennzeichen werden sicherheitshalber auf dem Wartezettel notiert. Bei diesem Prozedere soll es bleiben.
Dass die Stadt in der Zulassungsstelle bald zusätzliches Personal einsetzen könnte, um die Abläufe zu beschleunigen, so dass sich die Wartezeit und der Termindruck verringern, steht hingegen nicht zu erwarten.