Essen. . Der frühere Berliner Finanzsenator und Buchautor vermutet bei der SPD Defizite, weil die Lebenslauf-Lüge von Petra Hinz niemandem aufgefallen war.
- Filterfunktion der Partei habe versagt, weil Petra Hinz 30 Jahre lang mit gefälschtem Lebenslauf durchkam
- Auch NRW-Justizminister Kutschaty habe eine schlechte Figur abgegeben: „Eigene Ohnmacht vorgeführt“
- Eine Parallele zum eigenen Fall – Sarrazin sollte aus der SPD ausgeschlossen werden – sieht er nicht
Der frühere Berliner Finanzsenator Thilo Sarrazin vermutet im Fall der Bundestagsabgeordneten Petra Hinz ernste Defizite bei der Essener SPD. Dass Hinz während ihrer rund 30-jährigen Parteikarriere ihre Lebenslauflüge habe aufrechterhalten können, sei schwer zu begreifen. „Das eigentliche Drama sehe ich darin, dass offenbar niemand in ihrem innerparteilichen Umfeld ihre Persönlichkeitsstörung bemerkt hat oder mit ihr so vertraut umging, dass er Einblick in ihre privaten Verhältnisse bekam“, sagte der Sozialdemokrat und Buchautor („Deutschland schafft sich ab“) der Rheinischen Post. Die Filterfunktion bei Kandidaturen habe „spektakulär versagt“. Das trage der SPD in ihrer Kernregion nun „einen erheblichen Vertrauensschaden“ ein.
Kritik an Kutschaty
Sarrazin kritisierte auch das Drängen des Essener SPD-Chefs Thomas Kutschaty, der Hinz wegen ihrer Lebenslauflüge ultimativ aufgefordert hatte, ihr Bundestagsmandat niederzulegen: „Wer im Übermaß drängt, ohne dass die Gedrängte reagiert, führt unfreiwillig auch die eigene Ohnmacht vor. So kann der für die SPD bereits eingetretene Schaden noch vergrößert werden.“
Eine Parallele zu seinem eigenen Fall sieht Sarrazin, den die SPD ausschließen wollte, nicht. Im Verlauf der Verhandlung vor der Parteischiedskommission sei der Antrag zurückgezogen worden, „weil die Schiedskommission in der Verhandlung deutlich machte, dass sie in meinem Buch keine Passagen entdecken konnte, die den Parteistatuten oder tragenden Grundsätzen der SPD widersprechen“, so Sarrazin.