Essen. Die Glashütte in Essen-Karnap stellt täglich 2,4 Millionen Flaschen und Gläser her. Die Leser staunen über die voll automatisierte Produktion.

Die flüssige Glasmasse schießt als langgezogener Tropfen in atemberaubender Geschwindigkeit durch die eingefetteten Metallschienen. Kurz verschwindet die tiefrot glühende Masse in einer Form. Sekunden später stellen mechanische Greifarme das immer noch glühende Glas auf ein Förderband.

Aus dem Tropfen sind Wein- und Bierflasche, Marmeladen- oder Einmachgläser geworden. In Zweierpaaren schicken die Greifarme die Flaschen und Gläser nimmermüde auf ihre Reise. 2,4 Millionen Stück werden täglich produziert. Bei der Führung durch die Glashütte des Glasproduzenten „Verallia“ in Karnap staunen 20 Leser dieser Zeitung über die Präzision und Geschwindigkeit von neun solcher monströsen Maschinen. Sie laufen rund um die Uhr – 365 Tage im Jahr.

350 Grad heißes Glas

Als flüssiger Tropfen kommt das Glas in den Formen an. Wenn die Greifarme die Flaschen aufs Band stellen, sind sie noch etwa 350 Grad heiß.
Als flüssiger Tropfen kommt das Glas in den Formen an. Wenn die Greifarme die Flaschen aufs Band stellen, sind sie noch etwa 350 Grad heiß. © WAZ

„Am besten fassen Sie überhaupt nichts an“, warnt Projektingenieurin Frauke Wimmer-Mätzkow, bevor sie den Lesertrupp Richtung Produktionsanlage führt. Auch was kalt aussehe, könnte noch ein paar hundert Grad heiß sein. „Ihre Fingerkuppen sehen Sie dann nicht wieder.“

Zwischenstopp: Kontrollzentrale. Hier wird alles gesteuert. Auf Bildschirmen werfen Mitarbeiter einen ständigen Blick in die drei 1600 Grad heißen Schmelzwannen. Sand, Soda, Kalk und Altglas verschmelzen zu der Masse, aus der die Endprodukte entstehen.

Von der Kommandobrücke sind es nur wenige Meter bis dahin. Bevor die Tür aufschwingt: Ohrstöpsel rein. Die Maschinen verrichten ihr Tagewerk alles andere als lautlos. Die Hitze, die von der Glasproduktion erzeugt wird, schlägt einem schon von weitem entgegen. Das frisch geformte Glas ist noch etwa 350 Grad heiß, bei weitem nicht abgekühlt.

Meterlange Roboterarme im Einsatz

Die Leser schauen gebannt auf den Prozessablauf. Im Sekundentakt stellen die Maschinen frischgepresste Flaschen auf das Laufband.
Die Leser schauen gebannt auf den Prozessablauf. Im Sekundentakt stellen die Maschinen frischgepresste Flaschen auf das Laufband. © WAZ

Die Produktion läuft voll automatisiert ab. Leser Josef Och ist fasziniert: „Früher wurden die Flaschen per Hand in Kästen gestellt. Jetzt sieht man hier kaum noch Menschen“, sagt der Rentner, der 1959 ein Praktikum in der Glashütte gemacht hat. Heute laufen die Flaschen strammstehend und in Reih und Glied auf einem Laufband Richtung Verpackungsstationen.

In der nächsten Halle vereinen sie sich zu einem Meer aus unzähligen Flaschen: Warten auf die Qualitätskontrolle. Da wieder schön der Reihe nach. Mündungen, Abmessungen, Wandstärke und einwandfreie Beschaffenheit – einige der Kriterien, die stimmen müssen.

Im Anschluss werden die Flaschen und Gläser auf Paletten gestapelt und für ihre weitere Reise zum Kunden in Folie verpackt. Auch das erledigen meterlange Roboterarme – 2,4 Millionen Flaschen am Tag lassen sich nicht mehr per Hand stapeln.