Essen. . Viermal brachen Diebe den Dienstwagen von Ulrich Veltgens vor der Haustür in Essen auf und stahlen das Navi. Die Häufung ist laut Polizei kein Zufall.
- Viermal brachen Diebe den Dienstwagen von Ulrich Veltgens im Moltkeviertel auf und stahlen das Navi
- Selbst in der Tiefgarage schlugen die Täter zu
- Laut Polizei kehren Diebesbanden gezielt zu früheren Opfern zurück - und stehlen ihnen die Ersatzgeräte
Ulrich Veltgens ist dienstlich viel im Auto unterwegs, fährt jährlich mehr als 70.000 Kilometer. Doch wenn er abends nach Hause kommt, dreht er neuerdings oft noch eine Extrarunde. Vor der Haustür mag der 62-Jährige seinen Dienstwagen nicht mehr parken: Viermal ist das Auto dort aufgebrochen worden, viermal wurde das eingebaute Navigationssystem gestohlen.
Der erste Diebstahl liegt knapp drei Jahre zurück, keine zehn Meter von der Haustür im Moltkeviertel entfernt hatte er den Firmenwagen geparkt, unter einer Laterne. Die Diebe hielt das nicht ab: Nachts schlugen sie die Scheibe ein, rupften die Navi-Einheit aus der Konsole. Damals dachte Veltgens: „Das passiert nie wieder.“ Ein Trugschluss.
Jeweils hoher Sachschaden
Veltgens, der als Geschäftsführer einer Kölner Firma tätig ist, hatte inzwischen einen neuen 5er BMW, als die Diebe Ende 2014 erneut zuschlugen. Dann kamen sie im Frühling 2015 und zuletzt Anfang 2016. Jedesmal entstand ein hoher Sachschaden, weil nicht nur die entwendete Steuerungseinheit kostspielig ist, sondern auch der Einbau und die Reparatur der Begleitschäden.
Noch schlimmer erlebte Veltgens die eigene Ohnmacht. „Ich bin Psychologe und eigentlich ziemlich resilient, kann also manches verkraften.“ Spätestens nach dem dritten Autoaufbruch erlebte er aber, wie die Angst sein Verhalten beeinflusste. Er ließ eine neue Diebstahlwarnanlage einbauen und statt den komfortablen Parkplatz vor der Haustür zu nehmen, parkte er sein Auto weiter weg. Natürlich verletze ein Wohnungseinbruch die Privatsphäre viel heftiger. „Aber ich gehe morgens mit Beklemmungen zum Wagen, um zu gucken, ob etwas zerstört ist.“
Die Vermutung, dass die Diebe immer wieder zum Tatort zurückkehren, sei tatsächlich keine Verschwörungstheorie, bestätigt Polizeisprecher Lars Lindemann. „Die Täter wissen, dass die Versicherung den Schaden ersetzt, also kehren sie zurück und holen das Ersatzgerät.“ Häufig seien gut organisierte Banden aus Osteuropa für die Diebstähle verantwortlich. Bei einem spektakulären Fahndungserfolg gegen litauische Einbrecher hat die Essener Polizei im vergangenen Jahr 1200 Navigationsgeräte sichergestellt. „Die Hintermänner machen regelrechte Bestelllisten für die jungen Trupps hier vor Ort.“ Die suchen dann gezielt nach bestimmten Wagentypen und finden diese bevorzugt in bürgerlichen Wohngebieten wie dem Moltkeviertel, wo Veltgens lebt. Die nahen Autobahnauffahrten zur A 52 und A 40 und die damit verbundenen Fluchtmöglichkeiten machen das Viertel für die Täter noch attraktiver.
Garagenplatz angemietet
Dagegen fühlte sich Veltgens dort schließlich so unsicher, dass er einen Garagenplatz mietete. „Im Februar haben sie den BMW auch da aufgebrochen und besonders schlimm gewütet.“ Lag der Schaden sonst bei etwa 8000 Euro, waren es nun gut 16 000 Euro. Der Tiefgaragenplatz erwies sich als Fluch: Der BMW musste mit einem Spezialfahrzeug aus der dritten Ebene nach oben bugsiert werden, „Denn mit der Navi-Einheit wird auch der Startknopf rausgerissen, so dass ich nicht mal starten kann.“ Anderthalb Stunden dauerte das Bergungsmanöver, viele Tage das nachfolgende Prozedere: „Anzeige erstatten, Auto zur Reparatur bringen, Leihwagen besorgen; und am Ende wird das Verfahren wieder eingestellt. Mir kam das alles ausweglos vor.“ Nicht nur ihm: Die Versicherung, die zunächst die Prämie erhöht hatte, hat Veltgens’ Firma zum Jahresende den Vertrag gekündigt – für sämtliche Dienstwagen.
Er selbst wird nach Ablauf des Leasing-Vertrags ein anderes Automodell mit mobilem Navi wählen. Dabei fahre er den jetzigen Wagen gern, nur der Preis für den Fahrspaß sei zu hoch. „Für mich bedeutet die ständige Sorge um das Auto eine verringerte Lebensqualität.“
Autohersteller in der Kritik
Navi-Diebstähle werden nicht extra erfasst. Mit 6255 Fällen hatten Kfz-Delikte 2015 einen Anteil von 9,42 Prozent an der Kriminalität in Essen. Fahnder nahmen 100 Verdächtige einer litauischen Bande fest, stellten 1200 Navis sicher. Noch läuft die Zuordnung der Geräte.
Angesichts der enormen Fallzahlen müssten die Autohersteller mehr für die Sicherheit tun, fordern Betroffene.