Essen. Der Essener Agent Mauss half, Mörder zu überführen und den Domschatz zu finden. Nun wird er in Bochum wegen Steuerbetrugs angeklagt. Wer ist der Mann?

Mauss. Werner. Auch „Institution M.“ oder einfach „Phantom“ genannt. Beruf: Geheimagent meist im Auftrag der Republik. Dabei ist über diesen Mann eigentlich mehr bekannt als man denkt.

Dass er 1940 in Essen geboren wurde, Landwirt mit Diplomabschluss wurde, im Ruhrgebiet als freier Journalist arbeitete, "Kobold“-Staubsauger verkaufte und 1961 mit Anfang 20 eine Detektei in der Revierstadt aufgemacht hat. Dass das der Beginn einer ungewöhnlichen Karriere als Privataufklärer war, in deren Verlauf er nach eigenen Angaben 100 kriminelle Vereinigungen zerschlagen hat, an der Festnahme von 2000 Leuten beteiligt war und in Kolumbien einen Friedensschluss zwischen Guerilla und Regierung vermitteln konnte.

Sicher ist: Seine Jobs bekam er in vielen Fällen von der Bundesrepublik Deutschland. Der Staat, seine Sicherheitsbehörden, Verfassungsschützer und Kriminalämter, bezahlten ihn für die private Dienstleistung, bei der er sich nicht selten als V-Mann in kriminelle Kreise einschmuggelte. Gewaltlos. Nur einmal in seinem ganzen Leben habe er eine Waffe gezogen, sagt er. Jetzt richtet sich die Staatsmacht gegen den 76-Jährigen. Könnte es sein, dass er das in Staatsdiensten verdiente Geld zu „steuersparend“ angelegt hat?

Sein größter Auftraggeber war der Staat - der versteht keinen Spaß bei Steuerbetrug

Der Privatermittler Werner Mauss im Jahr 1998
Der Privatermittler Werner Mauss im Jahr 1998 © dpa

Die Bochumer Staatsanwältin Cornelia Kötter darf Namen nicht nennen. Sie bestätigte aber unserer Redaktion: Gegen einen 76-Jährigen aus Rheinland-Pfalz, der auch für den Staat gearbeitet hätte, sei Anklage erhoben worden. Es gehe um den Verdacht, dass er zwischen 2003 und 2015 in zwölf Fällen Einkommensteuer in Höhe mehrerer Millionen nicht gezahlt hat.

„Der Beschuldigte bestreitet die Vorwürfe“, sagte Kötter. Die Ermittlungen seien seit einiger Zeit im Gange. Die Anklage sei im Juni dem Landgericht in Bochum zugestellt worden. Was die Zahlen betrifft, wird die Süddeutsche Zeitung konkreter. Sie nennt einen Betrag von 15 Millionen Euro, den Mauss mutmaßlich hinterzogen haben soll. Lässt das Landgericht die Anklage zu, erwartet Bochum einer der spektakulärsten Verfahren der letzten Jahre.

Wer ist dieser Mauss? Um ihn ist es, altersbedingt, heute etwas ruhiger geworden. Er wohnt mit seiner Frau auf einem Anwesen im rheinland-pfälzischen Cochem. Dennoch beschäftigt sich immer wieder der Deutsche Bundestag mit dem Detektiv, auch das erst jüngst wieder.

Die Grünen haben nachgefragt, ob Regierungsstellen ihm aktuell einen Pass auf den falschen Namen („Tarnidentität“) Claus Möllner ausgestellt haben, obwohl doch angeblich seit 2000 keine Bundesaufträge mehr erfolgt seien. Die Bundesregierung habe dazu „keine Erkenntnisse“, hat das Bundesinnenministerium darauf gesagt, nur diese: Der niedersächsische Verfassungsschutz habe Mauss mit Tarnpapieren unter diesem Namen ausgestattet, für eine „eigenständige Operation“.

Die Vergangenheit des Mannes ist nicht nur turbulent. Man könnte sagen: Sie ist schillernd. Sie ist verknüpft mit der Aufklärung der bekanntesten Verbrechen der alten Bonner Republik:

  • 1970 mischt er offenbar bei der Festnahme des Polizistenmörders Lecki in Spanien mit.
  • 1974 wird der Räuber Bastista von italienischer Polizei getötet. Auf dem Mailänder Domplatz will ihm Maus eine Falle gestellt haben, und es ist eine dramatische Sache: Batista habe geschossen, „Mauss ließ sich blitzartig fallen und rollte zwischen Bordsteinkante und sein Fahrzeug“, schreibt er auf seiner Homepage über sich selbst. Doch nur der Tank seines Autos sei getroffen worden.
  • Mauss hat dazu beigetragen, den geraubten Kölner Domschatz wiederzubeschaffen, den RAF-Terroristen Rolf Pohle an einem Zeitungskiosk in Athen festzunehmen und im Nahen Osten entführte deutsche Spitzenmanager zu befreien. Er fand 1983 in Frankreich die verschwundenen 41 Fässer mit dem Gift Dioxin, das bei einer Explosion einer Chemiefabrik im italienischen Seveso freigesetzt worden war. Persönlich besonders berührt hat ihn offensichtlich die Aufklärung des 13 Millionen D-Mark-Raubes von 15 Schmuckstücken des niedersächsischen Juweliers Düe. Zwar kam es nie zu einer Verurteilung des Geschäftsmannes. Aber Mauss hält den Raub für vorgetäuscht.

Wohl klar, dass ein Typ wie er, über dessen Aktionen immer nur wenig Details bekannt werden, wilde Spekulationen herausfordert. Manche Mythen und Geschichten sind bis heute nicht geklärt.

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Die 2. große Strafkammer des Bochumer Landgerichts wird sich an einigen Stellen intensiver mit dem Leben des Werner Mauss, aktuell alias Claus Möllner, befassen. Es könnte – neben dem Fall Hoeneß - einen der interessantesten Steuerprozesse der letzten Jahre geben. Der Beschuldigte sage, er verwalte das deponierte Geld nur treuhänderisch, bestätigt die Bochumer Staatnanwaltschaft. Für wen auch immer. Auch das bleibt zunächst im Halbdunkeln. Wie irgendwie fast alles bei Mauss.