Düsseldorf. . Griechische Finanzbeamte lernen von NRW: Eine Woche lang werden die Steuerprüfer geschult – und sollen hier effiziente Finanzverwaltung lernen.

Seit sechs Monaten sind die nordrhein-westfälischen und die griechischen Finanzbehörden Partner bei der Jagd nach Steuersündern. Die „Entwicklungshilfe“ für mehr Steuergerechtigkeit in Griechenland scheint erste Früchte zu tragen. Am Sonntag reiste eine griechische Delegation nach Düsseldorf.

An Bord der Maschine aus Athen: 25 Steuerbeamte, die sich eine Woche lang in NRW fortbilden lassen, sowie der griechische Vize-Finanzminister Tryfon Alexiadis. Am Montag startet in einer Fortbildungsakademie der NRW-Finanzverwaltung das Seminar in englischer Sprache. Auf dem Programm: Steuerfahndung, Betriebsprüfung und Steuererhebung.

Hilfe beim Aufbau einer effizienten Finanzverwaltung

Ziel ist, Griechenland bei der Jagd nach Steuersündern und dem Aufbau einer effizienten Finanzverwaltung zu unterstützen. Nächste Woche wird das Seminar für weitere 25 griechische Beamte wiederholt. An beiden Tagungen nehmen auch griechisch-stämmige Finanzbeamte aus NRW teil, um die Kommunikation zu erleichtern.

NRW-Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) nahm die Teilnehmer am Flughafen in Empfang. Er ist in Griechenland beliebt: Walter-Borjans gehört nicht zu jenen, die die Griechen ständig zum Sparen mahnen. Er will den Griechen nichts nehmen, sondern er gibt ihnen etwas. „Borjans-Liste“ wird die Sammlung von Schweizer Bankdaten in Griechenland genannt, die NRW den griechischen Behörden Ende 2015 übergeben hat. Darauf stehen rund 10 000 Namen von Steuersündern, die ihr Geld vermutlich am Finanzamt vorbei in der Schweiz angelegt haben. Unternehmer sind dabei und wohl auch Prominente aus Kultur, Medien und Politik. Es soll um vier Milliarden Schweizer Franken gehen.

Wie viel Geld die „Borjans-Liste“ am Ende wirklich wert ist, das wollten die griechischen Gäste Am Sonntag nicht beziffern. Sie wagten auch keine Prognose, bis wann sie abgearbeitet werden kann. „Nach Auskunft der Staatsanwälte gibt es schon über 1000 Prozessakten“, sagte Giorgos Vassiliadis, der ranghöchste Korruptionsbekämpfer in Griechenland. NRW-Minister Walter-Borjans sei ein „Freund“ der Griechen. Vize-Finanzminister Alexiadis sprach vage von mehreren „offenen Strafverfahren“. Es gebe auch keine rechtlichen Hindernisse mehr für ein schnelles Abarbeiten der Liste. Alexiadis rechnet mit „vielen Milliarden“ zusätzlichen Staatseinnahmen.

Walter-Borjans lobte die Tsipras-Regierung für ihren „Mut“ bei der Jagd auf Steuersünder. Die Vorgänger-Regierungen hätten Informationen über Steuersünder weitgehend ignoriert. Diese griechische Regierung mache es richtig: „Bevor man zum 14. Mal die Kleinverdiener zur Kasse bittet, sollte man die Vermögenden an der Finanzierung des Gemeinwesens beteiligen“, sagte der Finanzminister.

Schlechte Steuermoral schuld an Wirtschaftsmisere

Die schlechte Steuermoral in Griechenland wird als ein Hauptgrund für die dortige Wirtschaftsmisere genannt. Jedes Jahr sollen den Finanzämtern dadurch rund 20 Milliarden Euro entgehen.

Norbert Walter-Borjans gefällt sich in der Rolle des Jägers von Steuerhinterziehern. Er hat schon elf CDs aus der Schweiz mit Datensätzen mutmaßlicher Steuersünder ankaufen lassen. Ergebnis: Tausende Selbstanzeigen und Mehreinnahmen für den deutschen Fiskus von rund fünf Milliarden Euro. Insgesamt hat NRW Steuerdaten an 27 EU-Staaten weitergegeben mit ei­nem Vermögensvolumen von rund 90 Milliarden Euro.