Essen. . Während die SPD Essen mit dem Asyl-Geschäft ihres Genossen Arndt Gabriel hadert, sieht die Stadt auf den ersten Blick kein Fehlverhalten. Staatsanwaltschaft prüft mögliche Nötigung.

  • SPD Essen: Ratsherr Gabriel soll nach Asylgeschäft Mandat ruhen lassen
  • OB Kufen erkennt derzeit keinen Anhaltspunkt für formelles Fehlverhalten Gabriels
  • Vorwurf gegen Magazin: Staatsanwaltschaft prüft Anfangsverdacht auf versuchte Nötigung

Sein Mandat soll er ruhen lassen, in der Öffentlichkeit bis auf Weiteres keine Termine wahrnehmen, und auch beim Sommerfest der Arbeiterwohlfahrt am Samstag hat man Arndt Gabriel sicherheitshalber „eine Nichtteilnahme empfohlen“: Schneller haben sich Essens Sozialdemokraten noch selten von einem der Ihren distanziert. Dabei bekam der Katernberger SPD-Ratsherr wegen seines einträglichen Geschäfts mit der Vermietung eines Gewerbebaus als Asylheim am Mittwoch erstmals so etwas wie Schützenhilfe von Seiten der Stadt.

So ließ Oberbürgermeister Thomas Kufen in einem Brief an alle Ratsmitglieder durchblicken, dass er derzeit keinen Anhaltspunkt für formelles Fehlverhalten Gabriels zu erkennen vermag: Der 54-jährige Unternehmer habe seine Beteiligung an dem Geschäft ordnungsgemäß angezeigt und nun mal ein zur Flüchtlings-Unterbringung besonders geeignetes Objekt angeboten, „weil die erforderlichen Umbaumaßnahmen gering und relativ zeitnah umsetzbar sind“.

Rainer Marschan: „Wir haben die Brisanz nicht erkannt“

Eine Ausschreibung sei – wie auch für andere angemietete Objekte – nicht erforderlich gewesen. Grund: Es gilt derzeit eine Sonderregelung, um Obdachlosigkeit zu vermeiden. Gleichwohl soll, wie von der SPD erbeten, das Rechnungsprüfungsamt das Mietgeschäft „schnellstmöglich“ detailliert unter die Lupe nehmen.

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Es ist die SPD selbst, die im Vorfeld der Entscheidung massive Versäumnisse Gabriels erkennt: Fraktionschef Rainer Marschan zeigte sich am Mittwoch nicht nur sauer darüber, dass Gabriel erst im Norden der Stadt die Bühne für Asylkritik gesucht habe, um hernach in Holsterhausen mit den Flüchtlingen „Millionen zu machen“. Er nimmt seinem Genossen auch ziemlich krumm, dass dieser in Vorberatungen nie ein Sterbenswörtchen darüber habe verlauten lassen, dass ihm jene Immobilie gehört, die seit Januar als mögliches Asylheim diskutiert wird: Nach dem Fall Hoppensack, der als Berater Hunderttausende bei den Entsorgungsbetrieben verdiente, „sind wir in solchen Sachen sensibilisiert“, so Marschan: „Für mich hatte er da eine Bringschuld.“

Dass die SPD durch eine Mitteilung im Hauptausschuss spätestens seit dem 20. April über Gabriels Aktivitäten als Asyl-Unternehmer im Bilde war, lässt Marschan nicht gelten: „Wir haben die Brisanz nicht erkannt“, nicht gewusst, dass es da um ein Großvorhaben für 449 Flüchtlinge geht. Im Nachhinein reift zwar die Erkenntnis, „dass wir da vielleicht genauer hätten hingucken sollen“. Doch wer wie Gabriel den persönlichen Vorteil erzielt, hätte die Fraktion umfänglich und frühzeitig in Kenntnis setzen müssen. Das soll nun am kommenden Montag in einer Sondersitzung passieren, wobei es „nicht darum geht, einen Genossen zu zerpflücken.“

Gabriels Immobilie für Stadt vergleichsweise günstig

Immerhin verlautet aus dem Rathaus, dass Gabriels Doppel-Immobilie an der Münchener Straße 67 und 67a mit 7,47 Euro pro Quadratmeter zu den günstigsten angemieteten Asyl-Objekten stadtweit gehört. Prompt warf der Bredeneyer FDP-Ratsherr Andreas Hellmann am Mittwoch die Frage auf, warum die Stadt derlei Immobilien nicht selbst erwirbt: „Wofür braucht es Herrn Gabriel?“ Die Verwaltung müsse die Frage beantworten, ob bereits vor der Kreditzusage an Herrn Arndt die Anmietung durch die Stadt in irgendeiner Art und Weise in Aussicht gestellt worden sei. Dann hätte, so Hellmann, die Geschichte „nicht nur eine moralische Dimension“.

Irritiert wurde am Mittwoch allgemein Gabriels Behauptung aufgenommen, ein Magazin habe angeboten, er könne sich mit einer sechsstelligen Großspende an eine gemeinnützige Organisation von unliebsamer Berichterstattung regelrecht „freikaufen“. Marschan wie sein Bürochef Roman Brüx erklärten, sie hätten davon vergangene Woche gerüchteweise erfahren. Beweise gibt es bis dato nicht.

Dennoch schaltet sich die Justiz ein: Oberstaatsanwältin Anette Milk bestätigte am Mittwoch, dass die Behörde prüft, ob ein Anfangsverdacht auf versuchte Nötigung oder gar Erpressung vorliegt.