Essen. . Der Pensionär verfolgt aufmerksam die Nachrichten zu seinem ehemaligen Arbeitgeber. Dass der Konzern in Bredeney bleibt, freut den Essener sehr.

  • Der Essener verfolgt bis heute aufmerksam die Nachrichten zu seiner ehemaligen Firma
  • Dass der Konzern in seiner alten Zentrale in Bredeney bleibt, freut ihn sehr
  • Der Pensionär hat Magazine, Fotos ehemaliger Kollegen, Briefe, Broschüren und Zeitungsartikel gesammelt

Werner Bussick ist zwar schon 18 Jahre im Ruhestand. Doch die jüngsten Nachrichten über seinen früheren Arbeitgeber Karstadt haben den 78-Jährigen aufatmen lassen. Karstadt bleibt in Essen. „Mir ist ein Stein vom Herzen fallen“, sagt er. Da sei er einfach zu sehr Lokalpatriot.

Essen ohne Karstadt? Das wäre für Werner Bussick nur schwer vorstellbar gewesen. Auch wenn Rudolph Karstadt sein erstes Warenhaus 1881 in Wismar gegründet hatte, zwischendurch Hamburg und Berlin Sitz des Unternehmens waren, so gehören doch Essen und Karstadt seit 66 Jahren zusammen. 1950 nämlich baute Karstadt seine Zentrale am Berliner Platz, direkt hinter dem Karstadt-Warenhaus am Limbecker Platz, das damals noch den Namen „Althoff“ trug.

Fast vier Jahrzehnte bei Karstadt

Genau in dieser „Warenburg“, wie Werner Bussick das trutzige Gebäude nennt, hatte der damals 25 Jahre alte gelernte Tischler 1963 seinen ersten Arbeitstag. Als Möbelverkäufer und Einrichtungsberater. Später in den 70er Jahren wechselte er nach Mülheim ins Rhein-Ruhr-Zentrum, wo der Warenhausriese ein Einrichtungszentrum eröffnete, wie es damals weit und breit kein zweites gab. „Die Leute haben uns die Bude eingerannt.“

35 Jahre lang arbeitete der Altenessener für Karstadt bis zu seiner Pensionierung 1998. Im Wohnzimmer seines herausgeputzten Zechenhäuschens hat Werner Bussick vier dicke Ordner aufgestapelt. Es ist eine Sammlung alter Karstadt-Magazine, von Fotos ehemaliger Kollegen, Briefen, Broschüren und Zeitungsartikeln. Ein Zeugnis einer rührenden Verbundenheit bis heute. Aber auch seines Hobbys. Er ist Mitglied im Altenessener Geschichtskreis.

In dem Archiv findet sich u.a. eine Festschrift, die sich mit dem Bau der Hauptverwaltung in Bredeney beschäftigt. Werner Bussick ist erleichtert, dass dieses aus seiner Sicht imposante Gebäude erhalten bleibt und sich die Abrissbefürworter nicht durchsetzten. Essen habe schon zu viele Fehler gemacht und Altes, Identitätsstiftendes, einfach platt gemacht. Ob es das Althoff-Warenhaus am Limbecker Platz gewesen sei, oder das Rathaus oder das Krupp-Turmhaus.

Werner Bussick kann sich noch gut an die Einweihung der neuen Zentrale 1969 erinnern. „Wir waren einfach überwältigt“. Noch nie in seinem Leben vorher habe er so große Büros gesehen. Die 70 mal 70 Meter großen Räume waren Ausdruck eines völlig neuen Arbeitsstils. Sie lösten die kleinen Büro-Schachteln am Berliner Platz ab. Hinzu kam moderne Kunst, die überall im Gebäude zu finden war und die Karstadt für die Zentrale bei über drei Dutzend namhaften Künstlern der Zeit in Auftrag gegeben hatte. Die Werke bildeten quasi eine ständige Ausstellung, die Werner Bussick genau so faszinierte, wie die Möbel im fortschrittlichen Bauhausstil. „Karstadt galt damals als größter Warenhauskonzern. Und das versuchte man mit der neuen Hauptverwaltung auch zu zeigen.“

Die 2000er Jahre, als es mit Karstadt bergab ging und in der Insolvenz von Arcandor – wie Karstadt-Quelle seit 2007 hieß, mündete, das alles hat Werner Bussick teils traurig teils entsetzt aus der Ferne beobachtet. Die Filialschließungen, den Arbeitsplatzabbau. Er war selbst viele Jahre Betriebsratsmitglied. Auch er kämpfte für seine Kollegen, damit es ihnen besser geht. Krisen hat er nicht erleben müssen. „Wenn ich heute Betriebsrat wäre, dann würde ich wohl keine Nacht mehr ruhig schlafen können.“

Bis heute trifft sich Werner Bussick regelmäßig mit ehemaligen Karstädtern. Dann erzählen sie von alten Zeiten in der „Karstadt-Familie“ und das Wörtchen „wir“ fällt häufig. Es sei zu seiner Zeit etwas Besonders gewesen, für Karstadt zu arbeiten. Der Konzern sei gerade in sozialen Belangen Vorbild gewesen, meint Bussick. So gab es zum Beispiel schon Ende der 50er Jahre die Vereinbarung, dass Mitarbeiter mit 20 und mehr Jahren Betriebszugehörigkeit drei Tage mehr Urlaub bekamen. Oder dass es bei Heirat einen bezahlten freien Tag gab.

Ohnehin hat Werner Bussick das Gefühl, dass das Zusammengehörigkeitsgefühl und auch das Interesse am Wohlergehen der Mitarbeiter früher größer war. Er kramt ein Mitarbeitermagazin aus den 80er Jahren hervor. Darin sind viele viele Namen aufgelistet, Geburtstage, Jubiläen aber auch Namen unter der Rubrik „Wir gedenken unserer Toten“. Wo gibt es das heute so noch?, fragt er.

Werner Bussick hat für sich den Schluss gezogen: „Die Entscheidung, zu Karstadt zu gehen, war damals nicht die schlechteste.“ Und das sagt er natürlich auch, weil er dort die hübsche Schmuckverkäuferin Anita kennen gelernt hat, die er 1968 heiratete.